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Potsdam-Mittelmark: Gut Kasse gemacht

Die einstige Schuldenkommune Stahnsdorf lässt ihr Geld inzwischen arbeiten

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Stahnsdorf - Stahnsdorf und das Geld. Vor fünf Jahren war das eine verhängnisvolle Kombination. 48 Millionen Euro drückten die Kommune, der offene Kaufpreis für ein von der Treuhand viel zu teuer gekauftes Gewerbegebiet und angehäufte Zinsen in Millionenhöhe hatten die Gemeinde an den Rand des Ruins gebracht. Man nannte es im Sommer 2000 eine „konzertierte Aktion“, als man den Kaufpreis für das Gewerbeareal neu verhandelte und die Investitionsbank des Landes (ILB) die notwendigen Darlehen gewährte, so dass Treuhand und Stahnsdorf reinen Tisch machen konnten.

Fünf Jahre später kann Bürgermeister Gerhard Enser (CDU) konstatieren: „Stahnsdorf ist schuldenfrei.“ Noch zu zahlenden Verbindlichkeiten von 10,8 Millionen Euro stehen Rücklagen von 10,7 Millionen Euro gegenüber. Das Geld, das am 30. Juni 2010 der ILB als letzte Tilgungsrate gezahlt werden muss, hat Stahnsdorf bereits in der Kasse: 6 Millionen Euro. „Wir könnten es nutzen, um frühzeitig den Kredit zu tilgen“, so Enser, „oder es zinsbringend anlegen.“ Der Bürgermeister plädiert für letzteres. Sein Vorschlag, das Geld für vier Jahre zweckgebunden fest anzulegen und dafür 715 000 Euro Zinsen zu kassieren, fand im Finanzausschuss am Dienstag Zustimmung. „Damit gehen wir auf Nummer sicher, dass die Millionen in vier Jahren noch da sind“, begründet Finanzausschussmitglied Harald Mushack die Empfehlung. Die einstige Schuldengemeinde lässt ihr Geld inzwischen arbeiten.

Mehr Steuereinnahmen, ein strenges Haushaltsregime, konsequentes Eintreiben von Beiträgen und Gebühren lassen Stahnsdorf finanziell gut dastehen. Vor allem die Gewerbesteuern lassen es kräftig in der Kasse klingeln. „Wir haben Glück, dass wir große Telekommunikationsfirmen im Ort haben“, meint PDS-Gemeindevertreter Mushack. Die Deutsche Telekom und Vodafone zählen zu Stahnsdorfs kräftigsten Steuerzahlern. Hinzu kommen eine Reihe von Hightech-Firmen, die ihre Produkte „made in Stahnsdorf“ am Markt etabliert haben und weltweit Umsätze erzielen. 7,5 Millionen Euro an Gewerbesteuern – 562 Euro je Einwohner – nahm Stahnsdorf im vergangenen Jahr ein. Landesweit ein Spitzenwert, weshalb der Bürgermeister keinen Vergleich scheut. „Es lässt sich nicht bestreiten, dass wir ein Wachstumskern sind,“ so Ensers Seitenhieb auf die Landesregierung, die die Region nicht als Wachstumskern sieht. Dabei beschert das wirtschaftliche Potenzial neben Stahnsdorf auch Teltow und Kleinmachnow ein stetiges Plus an Gewerbesteuern. In Stahnsdorf stiegen sie je Einwohner von 2004 bis 2005 um beachtliche 215 Euro. „Und der Trend hält an“, verheißt Enser. Beim Gewerbesteuer-Vergleich des Landesbetriebes für Datenverarbeitung und Statistik gab es in den letzten beiden Jahren keine andere Kommune, die mehr Gewerbesteuern einnahm als Stahnsdorf.

Aber auch die neuen Siedlungsaktivitäten haben Folgen. Zuzüge bescherten dem Ort im Vorjahr 300 000 Euro mehr an Einkommenssteuern. Zudem „holen wir uns an Einnahmen, was der Gemeinde zusteht“, betont Enser. Beiträge, Gebühren, Bußgelder werden akribisch und hartnäckig eingefordert – wenn nötig über Mahnverfahren bis zur Vollstreckung. „Verwaltung ist nicht nur Dienstleistung, sondern auch Durchgriff“, so Ensers strenges Credo.

Sorgenkind bleibt indes das Gewerbegebiet, Stahnsdorf tut sich schwer mit dessen Vermarktung. Zwar ist es in den vergangenen Jahren gelungen, Unternehmen anzusiedeln – allen voran die global agierende gte-Brandschutzfirma –, doch der erhoffte große Wurf blieb bislang aus. Im vergangenen Jahr wurden durch Flächenverkäufe 534 000 Euro eingenommen, etwa die Hälfte des Geplanten.

Als Bürgermeister hat Gerhard Enser seit seiner Wahl vor mehr als vier Jahren nicht nur Zuspruch erfahren. Doch seinen Arbeit als „Sanierer“, wie er während des Bürgermeisterwahlkampfes einmal genannt wurde, erfüllt er. „Er macht einen Super-Job“, bescheinigt ihm der PDS-Abgeordnete Mushack. Dabei geizt die Kommune nicht mit ihrem Ersparten. Für 2,7 Millionen Euro leistet sie sich eine neue Turnhalle, über Hunderttausend Euro steckt sie in einen neuen Radweg zwischen Güterfelde und Schenkenhorst, in den vergangenen Jahren wurden Schulen und Kitas saniert bzw. gebaut.

Doch bei allem Grund zur Freude hat Enser das Bestreben des Bundes im Blick, die Kommunalfinanzen neu zu ordnen und das Steuersystem nicht gerade zum Vorteil der Kommunen zu ändern. Daher mahnt er: „Es gibt keinen Grund, etwas zu verjubeln.“

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