
© Manfred Thomas
Potsdam-Mittelmark: Güterfelder setzen Ausrufezeichen
Der Unmut im Dorf ist groß, Hunderte demonstrieren für den Bau der Ortsumfahrung
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Stahnsdorf - Dass so viele Güterfelder dem Aufruf zur Demonstration folgen würden, hatte Ortsbürgermeister Dietrich Huckshold nicht geglaubt. „Wir haben 900 Einwohner im Ort, mindestens 100 sind gekommen“, schätzte Huckshold gestern Nachmittag am stark befahrenen Verkehrskreisel in Güterfelde. Mit Megafon, Plakaten, Handzetteln und Unterschriftenlisten hatten sich die Demonstranten rund um das Nadelöhr versammelt, das täglich Tausende von Lkws und Berufspendler passieren. Cornelia Schütz, die Initiatorin der Demo und Mitbegründerin der Bürgerinitiative „Nordumfahrung – jetzt!“, hätte es sich nicht besser wünschen können: Es war Stau.
Nach nur einer Stunde hatten die Demonstranten 400 Unterschriften gesammelt, von verkehrsgeplagten Güterfeldern und staugeplagten Durchreisenden. Die Unterstützung war groß. „Wir wollten ein Zeichen setzen“, sagte Schütz. Und das sei gelungen. „Im Ort sind mehr Leute für die Umfahrung als dagegen“, erklärte sie und spielte damit auf die Bürgerinitiative Contra Nord an, deren Mitglieder gegen den Bau der Ortsumfahrung nördlich von Güterfelde klagen. Zugleich ist es das letzte fehlende Teilstück der Landesstraße 40, die eines Tages Potsdam mit dem Großflughafen Schönefeld verbinden soll. Für die Klage haben Schütz und viele Demonstranten kaum Verständnis. Seit über zehn Jahren warten sie auf eine Lösung des Verkehrsproblems. Denn statt über die Ortsumfahrung, rollt der Verkehr noch immer durch den Ort. Aus ihrer Sicht verzögert die Klage den Straßenbau.
„Das stinkt uns alle an“, wetterte der Güterfelder Axel Gundlach. „Das Verkehrschaos muss doch auch denen auf die Nerven gehen.“ Täglich stünde er im Stau, und das vor seiner Haustür. Die Stimmung war geladen: „Die Menschen die hier wohnen zählen nur noch einen Dreck“, schimpfte der alteingesessene Günter Müller. Auch bei Franziska Cyliax, die erst vor zwei Jahren ins Dorf zog, war kein Verständnis mehr da: „Hier werden die Rechte des Einzelnen gegen das Allgemeinwohl gesetzt.“ Anwohner Detlef Weber hat nur noch wenig übrig für die Kläger: „Alle leiden wegen der paar Leute, irgendwo muss die Straße langgehen.“
Doch so leicht ist das nicht, widersprach Ortsbürgermeister Huckshold. Er kann die Kläger verstehen, die dann durch die vierspurige Straße belastet wären. Enttäuscht ist Huckshold vor allem von der Landesregierung: Im Februar wurde der Baustart verkündet, bis auf ein paar Baumfällungen sei nichts passiert. Kürzlich am Güterfelder Eck aufgebaute Baustellenschilder seien wieder abmontiert worden. Das Land habe Baurecht, Huckshold wünscht sich endlich Klarheit. Verkehrsminister Reinhold Dellmann (SPD) solle nach Güterfelde kommen. „Wir wollen Dellmann am Tisch haben“, sagte Huckshold gestern.
Derweil erinnerten sich demonstrierende Seniorinnen an das alte Güterfelde: „Das war herrlich ruhig hier“, sagte Luise Schwanke. „Meine Tochter hat immer Schlagball und Hopse auf der Straße gespielt.“ Jetzt sei alles anders – und höchste Zeit, das Verkehrschaos zu beenden. Tobias Reichelt
Tobias ReicheltD
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