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Potsdam-Mittelmark: Heilstätten mit tiefen Wunden

Elf Gebäuden des größten brandenburgischen Flächendenkmals droht der totale Zerfall

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Elf Gebäuden des größten brandenburgischen Flächendenkmals droht der totale Zerfall Von Hagen Ludwig Beelitz - Zertrümmerte Fenster, ein desolates Dach, aufgebrochene Türen, Wasserschäden und überall Spuren von Vandalismus: Das Zentral-Badehaus – einst der Stolz der 1902 errichteten Beelitzer Heilstätten – bietet ein trauriges Bild. Ähnlich schlimm steht es um zehn weitere größere Gebäude der denkmalgeschützten Beelitzer Heilstätten. „Nach vielen Jahren des Leerstandes droht ihnen jetzt der totale Zerfall“, schätzt Gerd Ohligschläger vom Beelitzer Bauamt nüchtern ein. Erst in den vergangenen Tagen seien wieder Heizkörper aus dem ehemaligen Chirurgiegebäude gestohlen worden. „Der Verfall schreitet rasant voran“, warnte Ohligschläger am Dienstagabend die Mitglieder des Beelitzer Wirtschaftsausschusses. Die sehen Insolvenzverwalter Christoph Schulte-Kaubrügger sowie die Landesbanken Berlin und Hessen-Thüringen als Hauptgläubiger in der Verantwortung. Seit der Eröffnung des Insolvenzvefahrens über das Vermögen der Beelitz-Heilstätten GmbH & Co KG im März 2001 sei für die weitere Vermarktung und Sicherung des Geländes wenig getan worden, hieß es. Einstimmig wurde deshalb beschlossen, den Insolvenzverwalter und Vertreter der Gläubigerbanken nach Beelitz einzuladen und genaue Informationen über den Stand des Insolvenzverfahrens sowie die Entwicklungsperspektiven des Areals zu erbitten. Ein entsprechender Brief soll von Bürgermeister Thomas Wardin (SPD) und der Stadtverordnetenvorsitzenden Martina Mölders (CDU) unterschrieben werden. „Im Moment verspüren wir eine Ohnmacht, die beendet werden muss“, begründete Egon Bergmann (PDS) den erneuten Vorstoß der Stadtverordneten. Tiefe Wunden haben sich in die historische Heilstätten-Substanz eingegraben, und in Beelitz schwindet die Hoffnung, dass das einst mustergültige und autarke Gesamtensemble die nächsten Jahre überlebt. Nichts ist mehr zu spüren von der Aufbruchstimmung nach dem Abzug der sowjetischen Truppen, die die Heilstätten bis 1994 als zentrales Militärhospital genutzt hatten. Im Januar 1995 verkaufte die Landesversicherungsanstalt Berlin als Alteigentümer das 200 Hektar große Areal mit allen Gebäuden an die Heidelberger Unternehmensgruppe Roland Ernst. Die neue Eigentümerin nannte sich Beelitz-Heilstätten GmbH & Co KG. Ehrgeizige Pläne wurden geschmiedet. Vorgesehen waren die Rekonstruktion der historischen Gebäude und eine gleichzeitige Erweiterung der Siedlungsfläche mit Ein- und Mehrfamilienhäusern. Bis zu 3000 Einwohner sollten in Beelitz-Heilstätten eine neue Heimstatt finden, 1000 Arbeitsplätze sollten vor allem im Klinik- und Gesundheitsbereich entstehen. Einige Jahre hielt der Optimismus an. Bis Mitte 1998 entstand im Gebäude der einstigen Männer-Lungenheilstätte eine neurologische Rehabilitationsklinik mit 245 Betten. Ende 2001 wurde nebenan in einem Neubau die Rehabilitationsklinik für Kinder und Jugendliche eröffnet. Ein Restaurant und ein Hotel runden diesen Bereich ab. Er nimmt zwar nur knapp ein Viertel des Gesamtareals ein, gilt für die Stadtverwaltung jedoch als Beispiel, wie die Heilstätten entwickelt werden könnten. Der Landkreis baute ein modernes Feuerwehrtechnisches Zentrum und rekonstruierte das Heizhaus Süd als markantes technisches Denkmal. Unter dem Strich stehen laut Ohligschläger bis heute 500 Arbeitsplätze und 450 Einwohner vor allem in einer neuen Eigenheimsiedlung an der Bahn. Ein Bruch erfolgte mit der Insolvenz der Beelitz-Heilstätten GmbH im März 2001. Auf der ersten Gläubigerversammlung im folgenden Mai wurde zwar noch hervorgehoben, dass die Entwicklung und Vermarktung des Areals unbedingt fortzusetzen sei. Praktisch jedoch, so Ohligschläger, habe sich in den vergangenen zwei Jahren einzig die Stadt um Werbung für den Standort Beelitz- Heilstätten bemüht.

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