Potsdam-Mittelmark: Heizen mit Eis
Die Stahnsdorfer Energiegenossenschaft will den Einsatz von Solareisspeichern in der Region Teltow vorantreiben
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Es ist eine Kombination aus Erdwärme, Solarenergie, einem unterirdischen Wasserspeicher und einer Wärmepumpe: In großen Zisternen könnte Energie aus natürlichen Quellen in der Region Teltow als Eis gespeichert werden. Den Einsatz solcher Solareisspeicher-Systeme will die Energiegenossenschaft „Energie Bäketal“ jetzt vorantreiben – und hat dafür den Innovationspreis des Landkreises bekommen.
„Mit dieser Technologie könnte die Badesaison im Freibad Kiebitzberge verlängert und im Winter eine Eisbahn errichtet werden“, schwärmt Harald Mushack, der Vorsitzende der Energiegenossenschaft. Auch der Kleinmachnower Sportpark könnte mit dem Solareisspeicher des Bades im Sommer klimatisiert und im Winter beheizt werden. Das Gleiche gilt für das Kleinmachnower Rathaus und die dahinter neu entstehende Schule – ein Solareisspeicher müsste dafür laut Mushack unter dem Sportplatz der angrenzenden Maxim-Gorki-Schule tief in die Erde gesetzt werden. „Mit Eis zu heizen – das ist revolutionär“, sagt Mushack.
Mithilfe von Eis Gebäude zu kühlen, das erklärt sich fast von selbst. Aber wie bitte soll man mit Eis heizen? Was zunächst abwegig erscheint, folgt den Regeln der Physik. Wenn Wasser zu Eis wird, werden große Mengen an Kristallisationsenergie frei. Erstarren zum Beispiel 126 Liter Wasser, entspricht die Energie einem Liter Heizöl. Je langsamer die Kristallisation verläuft, umso mehr Energie kann gewonnen werden. Mittels Erdwärme wird das unterirdisch gelagerte Wasser in der Riesenzisterne nur ganz langsam zu Eis. Die gewonnene Energie wird über eine Wärmepumpe zum Heizen verwendet.
Am Ende der Heizperiode befindet sich im vormals mit Wasser gefüllten Tank nur noch ein Riesen-Eisblock. Kommt der Sommer, wird das Eis zum Kühlen genutzt. Pünktlich zur kalten Jahreszeit ist dann im Behälter nur noch Wasser – der Kreislauf kann von vorn beginnen. Wer seinen Eisspeicher mit einer Solaranlage auf dem Dach kombiniert, kann in den Sommermonaten im Eistank überschüssige Sonnenenergie speichern. Von dem cleveren Speichersystem hat der Vorsitzende der Energiegenossenschaft per Zufall erfahren. „Ich wollte eigentlich etwas über Wärmepumpen im Internet recherchieren“, sagt Mushack. Am Ende ist er auf der Webseite der Ludwigsburger Firma Isocal gelandet, die das System entwickelte und es sich patentieren ließ.
Einen ersten Riesen-Eisspeicher hat die Firma bereits im baden-württembergischen Nagold für eine Firma bei Stuttgart errichtet. Mit rund 250 Tonnen Eis soll dort im Winter ein ganzer Unternehmenstrakt beheizt werden.
Bei seiner Recherche kam Mushack der Stahnsdorfer Selbstbedienungsgroßhändler Selgros in den Sinn. „Ich weiß, dass der Betrieb mehr als 400 000 Euro für Strom, Gas und Wasser pro Jahr ausgibt.“ Würde Selgros Energie über den Eisspeicher und Solaranlagen auf dem Dach beziehen, rechnet Mushack vor, könnten der Betrieb pro Jahr immerhin 28 000 Euro einsparen. Mushack hat für Selgros bereits alles ausgerechnet und den Einsatz des Speichersystems geplant. Für sein Arbeitspapier wurde er jüngst vom Landkreis mit dem Agenda-21-Preis ausgezeichnet. Mit dem Innovationspreis werden umweltfreundliche Projekte prämiert.
Ob Selgros nun zu den ersten in der Region gehört, die auf das neue System setzen, ist noch unklar. Laut Mushack habe es bereits ein erstes Gespräch mit dem Selgros-Geschäftsführer gegeben. Auch im zweiten Stahnsdorfer Gewerbepark ist die Energiegenossenschaft aktiv. Wie berichtet, wollen die Umweltschützer den Greenpark grüner machen.
Von ihrem bisherigen Konzept, Energie aus Biomüll, Photovoltaikanlagen und Windkraft zu ziehen, sei man abgekommen, so Mushack. „Wir setzen jetzt auf die Nutzung von Abwasserwärme.“ So würde aus dem Stahnsdorfer Klärwerk fertig aufbereitetes Wasser in den Teltowkanal fließen. Das eingeleitete Wasser sei wärmer als das Wasser im Kanal, erklärt Mushack. „Da das aufbereitete Wasser in einer großen Rohrleitung am Greenpark vorbeifließt, kann man ihm die Wärme entziehen und sie zur Energiegewinnung nutzen.“ Dass das Projekt umsetzbar sei, belege eine Machbarkeitsstudie. Auch mit dem Greenpark-Betreiber will sich Mushack jetzt zusammensetzen und ihn von seinen grünen Visionen für die Regionen überzeugen.
nbsp;Eva Schmid
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