
© Thomas Wendel
Potsdam-Mittelmark: Herzilein trifft Casablanca
Musik-Stars wie City und die Wildecker Herzbuben ließen sich von ihren Fans beim Spargelfest bejubeln
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Beelitz - Schlagermusik kommt an – auch in Beelitz. ,,Herzilein, du musst ned traurig sein" schallt es aus Hunderten von Kehlen, während Wolfgang Schwalm und Wilfried Gliem ihre Fans von der Bühne aus dirigieren. Die „Platzhirsche“ der Volksmusik, besser bekannt als die „Original Wildecker Herzbuben“, haben die Altstadt im Griff. Aus zwei stimmgewaltigen Kehlen singen sie ihren wohl größten Hit, stimmen auch noch ein Loblied auf den Wein – den Chianti – an. Die Gäste sind begeistert, singen und klatschen euphorisch mit. Volksmusik, Schlager, aber auch Rock und Punk: Das Musikprogramm zum Beelitzer Spargelfest am vergangenen Wochenende ließ keine Wünsche offen. Bei strahlendem Sonnenschein feierten Tausende Besucher drei Tage lang. Die Gäste streiften durch die Altstadt oder drängten sich vor den Bühnen in der Berliner, in der Poststraße und an der Nieplitz, wo zeitgleich das „Beelitz Open-Air“ statt fand.
Aus zahlreichen Innenhöfen schallt Musik, die Gassen und Winkel präsentieren neben Spargel auch den Temperaturen angemessene exotische Cocktails. Eine Künstlermeile ist eingerichtet. Eine Spinne krabbelt über das Pflaster und verschreckt einzelne Kinder. Der Holzschnitzer Torald Wendt sägt und fräst in höllischem Tempo tierische Holzfiguren wie Eulen und Hunde. ,,Wir wollen hier in Beelitz was Neues etablieren", sagt Philipp Röbke von der Agentur Elements of Minds. Zur Profilierung habe die Agentur mit der Stadt gemeinsam auch eine ,,kulinarische Insel" in der Altstadt aufgebaut. Zu den Neuerungen zählt neben den künstlerischen und kunsthandwerklichen Aspekten vor allem das Musikprogramm: Junge Gruppen und Generationen sollen angesprochen werden, jüngere als jene, die vor der Hauptbühne an der Kirche mitsingen. Bereits am Freitagabend hatten rund 400 Jugendliche die Potsdamer Spaßrocker von „Hasenscheisse“ beklatscht. Die hatten unlängst beim „Rock in Caputh“ ein Vielfaches dieser Zuhörerschaft erreicht – unter sengender Sonne und Bierseligkeit mit ihrem Gassenhauer ,,Bernd am Grill".
Wer dieses Wochenende in Beelitz auftritt, wird bejubelt. Die Dandys singen am Samstag Schlager. Nach bekannten Gassenhauern wie „Marina“ und „Marmor, Stein und Eisen bricht“ bricht auch die Zurückhaltung der Zuhörer. Während zum Sonnenuntergang die Wildecker Herzbuben vor allem die älteren Spargelstädter erobern, ziehen jüngere Besucher vorbei zur Festwiese, um hier die Ostrock-Legende City zu erleben. Allerdings ist die Stimmung hier weniger ausgelassen, und statt der erwarteten 1500 Besucher sind es keine 1000 geworden. Obwohl sich die Vorband Maila aus dem Spreewald müht – mit flotten Sprüchen über Jungs und Mädels und das allzeit schwierige Verhältnis der Geschlechter. Sängerin Jessi kommt aus dem Takt und der Funke will nicht überspringen.
Kurz vor Mitternacht kündigen Glockenschläge vom Tonband das Feuerwerk an – und schon leuchtet der Beelitzer Himmel bunt. Blaue und orangene Sterne funkeln über der Nieplitz, die Laupenpieper haben es sich bequem gemacht. Zaungäste staunen mit. „Schönes Feuerwerk“, raunen die Pärchen. Die letzten Funken verglimmen wie Glühwürmchen. Applaus für die Veranstalter.
Mitternacht naht, City spielt sich ein. Das Programm ist durchkomponiert, es beginnt rockig, die Rufe nach „Casablanca“ bleiben einstweilen ungehört. Während vor der Kirche „Herzilein“ und heile Welt geschehen, lebt auf der Festwiese die Friedensbewegung neu auf. Die Politiker ringen um Ansehen, sagt Sänger Toni Krahl. Mit der Wahrheit hätten sie wohl ihre Schwierigkeiten. „Sag mir, wo die Blumen sind“, stimmt er in einer Rockversion an, dann folgt akustisch „Die Antwort weiß ganz allein der Wind“. Nach dieser politischen Aussage stimmt nun auch City in die Bierseligkeit ein, folgt den Wünschen der Fans – und spielt die Hits aus drei Jahrzehnten Rockgeschichte.
Thomas Wendel
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