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Muss sich noch gedulden: Hilpert gestern mit seiner Anwältin Heide Sandkuhl.

© dpa

Potsdam-Mittelmark: Hilpert-Prozess vor Zäsur

Nach Haftantrag legten sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung die Karten / Haftbeschluss bis Mittwoch

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Potsdam - Das Landgericht konnte sich gestern noch nicht zu einer Freilassung Axel Hilperts durchringen. Nach Stellungnahmen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung wolle man „in Ruhe beraten und spätestens am Mittwoch eine Entscheidung bekunden“, sagte Richter Andreas Dielitz. Es wird die wichtigste Weichenstellung für das weitere Verfahren gegen den 64-jährigen Petzower Hotelier. Hilperts Verteidiger hatten am Mittwoch ein Ende der neunmonatigen U-Haft beantragt: Im Prozessverlauf habe sich ein dringender Tatverdacht nicht bestätigt.

Staatsanwalt Ivo Maier konterte am Freitag, dass sich die Ermittlungsergebnisse sogar noch erhärtet hätten. Drei ILB-Zeugen hätten übereinstimmend erklärt, worum es ging: ein touristisches Projekt zu fördern „und nicht abzukassieren“. Hilpert wird vorgeworfen, beim Bau des Resorts Schwielowsee die Landesinvestitionsbank ILB betrogen zu haben. Mit aufgeblähten Rechnungen und einem Firmenkonstrukt soll der frühere DDR-Devisenbeschaffer und Stasi-Mitarbeiter für die Errichtung des Resorts 9 Millionen Euro Fördermittel erschlichen haben. Die angegebenen Baukosten von 36 Millionen Euro beliefen sich laut Staatsanwaltschaft tatsächlich nur auf 23 Millionen. Die Differenz soll direkt an Hilpert geflossen sein.

Kernfrage des Prozesses: Wie ist der Förderbescheid der ILB auszulegen und wie ist er 2003/2004 zustande gekommen? Der Förderbescheid sei eindeutig, so Staatsanwalt Maier: Gewinnaufschläge verbundener und verflochtener Unternehmen wurden darin ausgeschlossen, aus Sicht der Staatsanwaltschaft „unmissverständliche Begriffe“. Maier verwies auf die Verbindung zwischen drei beteiligten Firmen, in denen Hilpert die „bestimmende Stellung“ gehabt habe.

Subventionsempfänger war die „Theodor Fontane GmbH“, an der Hauptgeschäftsführer Hilpert und Ex-Bild-Chefredakteur Hans-Hermann Tiedje mit je 24,5 Prozent die Hauptanteile halten, auch Hilperts Tochter Juliane ist Gesellschafterin. Die Fontane kaufte die komplette Anlage schlüsselfertig von der „Projektmanagement Petzow am See GmbH“, einer hundertprozentigen Hilpert-Firma, die den Baurechnungen Gewinne zuschlug. Auch Hilperts „Kontor für Brandenburgische Liegenschaften“ war an solchen Buchungen beteiligt, elf Millionen Euro sollen allein dadurch zusammengekommen sein. Investive Mittel zur privaten Bereicherung zu nutzen sei „Abzocke“, erklärte Maier. „Es bedarf dazu auch gar keiner besonderen Regelung.“

Der Staatsanwalt äußerte Zweifel an zwei Entlastungszeugen aus Hilperts geschäftlichem Umfeld. Deren „Gefälligkeitsaussagen“ würden nichts an Hilperts Schuld ändern. Besonders Angaben zu entscheidenden Beratungsgesprächen mit der ILB seien „an die Aktenlage angepasste Konstrukte“. „Herr Hilpert schreckt auch vor Einschüchterungen nicht zurück“, befand Meier, der an eine Aussage erinnerte, wonach ein Hilpert-Bote auf Bali einen Prozesszeugen beeinflussen wollte. Auch deshalb sollte der Haftbefehl aufrecht erhalten werden.

„Wenn die Staatsanwaltschaft von Gefälligkeitszeugen redet, dann hätte ich mich über eine Würdigung der ILB-Zeugen gefreut“, erwiderte Hilpert-Anwalt Stefan König in einer Erklärung. Zu entscheidenden Fragen hätten sie mit „Achselzucken“ geantwortet. Hilperts Verteidigung sieht im bisherigen Prozessverlauf bestätigt, dass ihr Mandant über Formulierungen im Förderbescheid von der ILB im Unklaren gelassen wurde. Die Begriffe „verbunden und verflochten“ seien alles andere als eindeutig, fasste König die Beweisaufnahme zusammen. Auch dass Gewinne zwischengeschalteter Firmen nicht gefördert werden, sei in der Verwaltungspraxis nicht so selbstverständlich, wie es die Anklagebehörde darstellt. Hilpert habe schon in seinem Förderantrag mit offenen Karten gespielt. König: „Die Referatsleiterin wusste alles und sagte trotzdem nicht Halt.“

Währenddessen hat gestern ein weiterer Zeuge Hilperts „Kick-Back“-Modell bestätigt, mit dem er zwei Millionen Euro eingestrichen haben soll: Der mit der Tragwerksplanung beauftragte Statiker Michael R. musste für seine Aufträge 12,5 Prozent Provision zahlen. „Das ist unschön, gibt es aber auch bei anderen Vorhaben“, sagte R. Staatsanwaltliche Ermittlungen gegen ihn wurden gegen ein Bußgeld von 3000 Euro eingestellt.

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