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Potsdam-Mittelmark: Hobbithöhlen aus Reet

Architekturbüro Graft hat zweiten Auftrag für Caputh. Zuspruch und Kritik an ersten Entwürfen

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Schwielowsee - Noch mal Graft in Caputh: Das renommierte Architekturbüro plant jetzt die Bebauung des ausgedehnten Villengrundstücks in der Schwielowseestraße 86/88. Auf dem seichten Hang zum Wasser sollen sieben neue Villen aus Reet entstehen. „Den Baustoff kann man am Ufer ernten“, so Graft-Architekt Lars Krückeberg. Mit ihren 400 Quadratmetern Wohnfläche sollen die Neubauten zu Doppelhäusern teilbar sein.

Am Dienstagabend wurden die Pläne für das 1,4 Hektar große Areal im Bauausschuss vorgestellt. Auf den Visualisierungen, die Lars Krückeberg nur kurz zeigte und noch nicht für die Öffentlichkeit freigeben wollte, wirkten die Gebäude wie in die Landschaft gefügte Reethügel, aus denen Fenster und Türen ausgeschnitten sind, wie „Hobbithöhlen aus Stroh“, wie es nach der Sitzung hieß.

Die Straßenfront vor dem sanierten Altbau soll den Entwürfen zufolge mit zwei Mehrfamilienhäusern mit filigraner Holz-Glasfassade abgeschirmt werden. Laut Krückeberg soll so der Übergang vom Wald zum Ort gelingen, das Grundstück ist das letzte vor dem Ortsausgang nach Ferch. Durch die Baustoffe Reet und Holz soll der denkmalgeschützten Villa aus Stein „Vorfahrt gewährt werden“, sagte Krückeberg.

Das im Grundriss quadratische Gebäude mit einem hohen Mansardwalmdach wurde – wie einige der Villen in der Schwielowseestraße mit ihren ausgedehnten Seegrundstücken – Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet. Das Grundstück gehört inzwischen dem TV-Schauspieler Sebastian Koch und dem Investor Lothar Hardt, der mit dem Büro Graft bereits das Caputher Blütenviertel baut. Der Bauantrag für das Projekt wurde gerade genehmigt, das Viertel soll von Ziegelbauten, Ziegelwegen und Obstbäumen geprägt werden. Bis zur Genehmigung der Pläne für die Schwielowseestraße könnte es allerdings noch etwas dauern.

Im Bauausschuss gab es viel Zuspruch für die ideenreiche Architektur, der berufene Bürger und Caputher Architekt Thomas Groß sprach von einem „grandiosen Konzept“. Doch es wurden auch skeptische Stimmen laut. Gemeindevertreter Thomas Hartmann (SPD) wunderte sich, dass frühere Pläne für einen „Senior Club“, für den eine lockere Bebauung und eine Tiefgarage an der Straße geplant war, nicht mehr aktuell sind. „Jetzt haben wir ein Konzept mit Autoverkehr auf dem Grundstück.“ Außerdem äußerte er sich skeptisch, ob am Ende wirklich mit Reet gebaut wird. „In Ferch gab es mindestens zehn Konzepte für Reethäuser, die alle am Brandschutz, den Mindestabständen und den Gebäudeversicherungen gescheitert sind.“ Außerdem warnte er vor einem Gebäuderiegel an der Straße, einem „Riesenklops am Ortseingang“.

Architekt Krückeberg erwiderte, dass sich die Zielgruppe nicht verändert habe, man mit der neuen Architektur aber flexibler auf die Bedürfnisse der Bewohner reagieren könne. Auch an der früher geplanten Nutzung der Villa als Gemeinschaftshaus solle sich nichts ändern. „Die Ängste sind verständlich, aber etwas überzogen. Wir sind bemüht, das Richtige zu tun.“ Mit dem Thema Reet und Brandschutz sei man vertraut. Die Straßenfassade werde gestaffelt sein und filigran und nicht massiv wirken. Andere Villen in der Schwielowseestraße seien doppelt so hoch, verteidigte auch Thomas Groß die Pläne.

Ein ähnliches bauliches Konzept wird in der Schwielowseestraße 70/72 verfolgt, wo hinter der denkmalgeschützten burgenhaften Villa von Simson auf einem 1,8 Hektar großen Areal elf Neubauten entstehen sollen. Die Pläne wurden dem Bauausschuss vom Berliner Architekten Martin Schmitt vorgestellt, sie sind noch weniger konkret als die von Graft.

Werden beide Konzepte umgesetzt, könnten Wohnflächen von insgesamt 6300 Quadratmetern entstehen, wie es vom beauftragten Berliner Planer Sebastian Rhode hieß. Beide Projekte sind Inhalt eines gemeinsamen Bebauungsplanverfahrens, für das der Bauausschuss mit einem Aufstellungsbeschluss am Dienstagabend den Startschuss gab. Vor der öffentlichen Auslegung soll nun besonders das Büro Graft noch etwas nachbessern.

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