Aus dem GERICHTSSAAL: Hochgekochte Gefühle im Streit zwischen Nachbarn
Gericht sah die Verletzungsabsicht als nicht erwiesen an / 1000 Euro Strafe
Stand:
Werder – „Der Angeklagte hatte nicht die Absicht, seinen Nachbarn Dieter D. umzufahren, wie ursprünglich angenommen. Er hat ihn allerdings genötigt, vor seinem Auto zur Seite zu springen“, erklärte Richterin Ahle. Derlei Tun sei mit einer Geldstrafe von 1000 Euro zu ahnden. „Mit Sicherheit werde ich dagegen in Berufung gehen“, wütet Klaus K.* (54) aus Werder nach Verkünden des Urteilsspruchs.
Drei Tage lang verhandelte das Amtsgericht einen erbitterten Wegerechtsstreit zweiter Nachbarn am Zernsee in Werder. Klaus K. – mehrfach vorbestraft wegen Gewaltdelikten, aber auch wegen Betrügereien, Urkundenfälschung, Anstiftung zum Meineid, Steuerhinterziehung und Nötigung – bezichtigte Dieter D.* (53), ihm im Sommer 2006 die Grundstückszufahrt mit Betonplatten versperrt zu haben. Der Bau- und Projektleiter Dieter D. behauptete, Klaus K. sei am 23. August mit seinem Lieferwagen wutentbrannt auf ihn zugefahren, als er auf dem Grundstück seiner Firma nach dem Rechten sehen wollte. Er habe sich nur durch einen Sprung „ins Gemüsebeet“ in Sicherheit bringen können. Dabei habe ihn das Fahrzeug des Angeklagten berührt, seien an seinem hellen Mantel deutliche Farbspuren des Transporters sichtbar gewesen. Durch den Aufprall sei zudem die Digitalkamera zu Bruch gegangen, die in der Manteltasche steckte. (PNN berichteten.)
„Der Mann hat sich auf die Motorhaube meines stehenden Wagens geschmissen und gebrüllt, Sie kommen hier nicht mehr durch. Dabei nutzen wir die Zufahrt seit acht Jahren“, berichtete der zunächst wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung Angeklagte. Er ließ zahlreiche Verwandte und Bekannte aufmarschieren, die seine Aussage bestätigen sollten. Diese Zeugen beteuerten zwar einhellig, Dieter D. habe sich absichtlich vor das Auto geworfen, schilderten das Drumherum allerdings höchst widersprüchlich. Einziger unbeteiligter Augenzeuge war ein Landschaftsgärtner, der in der Nähe Bäume beschnitt. Er sah einen Hechtsprung von Dieter D., konnte jedoch nicht sagen, was diesem vorausging.
Ein Kfz-Sachverständiger sollte anhand der Farbspuren am Mantel von Dieter D. klären: Fuhr der Angeklagte mit seinem Transporter, als es zu der Berührung mit dem Nebenkläger kam? Und wie genau sah diese Berührung aus? „Es war ein streifender Kontakt , kein Stoß“, so der Gutachter. Er stützte damit die Hechtsprung-Variante von Dieter D. Ob das Auto des Angeklagten dabei stand, vermochte der Experte allerdings nicht zu sagen.
Sollte Klaus K. gefahren sein, dann keinesfalls mit hoher Geschwindigkeit, konstatierte Richterin Ahle. Sie vermutete, an jenem Tag habe sich ein lange schwelender Nachbarschaftsstreit entladen. „Die Emotionen kochten hoch. Was genau passiert ist, lässt sich nicht mehr klären.“ Obwohl der Angeklagte bereits mehrfach einschlägig in Erscheinung getreten sei, könne ihm eine versuchte gefährliche Körperverletzung nicht nachgewiesen werden, betonte die Vorsitzende. (*Namen geändert.) Hoga
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