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Potsdam-Mittelmark: Hoffnung im Tal der Ahnungslosen

Ein Bürgerprojekt soll den schnellen Zugang zum Internet ermöglichen

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Stahnsdorf - ThoRo hat seinen Festnetzanschluss gekündigt und eine ausführliche Begründung dazu abgegeben. Der Netzbetreiber dürfe sich gern wieder bei ihm melden, wenn er auch ein Breitbandangebot unterbreiten kann, teilt der frustrierte Kleinmachnower mit. Sieben Jahre hat der Mann mit dem Pseudonym ThoRo auf einen DSL-Anschluss gewartet, berichtet er auf der Homepage www.geteilt.de. Diese Internetseite wird von einer „Initiative gegen die digitale Spaltung“ herausgegeben. Die Betreiber wollen allen Nutzern den schnellen Zugang zum Internet ermöglichen.

Auch wenige Kilometer weiter, in Stahnsdorf, wird Handfestes unternommen, um aus dem „Tal der Ahnungslosen“ herauszukommen, wie Professor Klaus Rebensburg von der Universität Potsdam es ausdrückt. Gemeinsam mit seinen Studenten und der Firma Engel Solutions aus Stahnsdorf arbeitet der Wissenschaftler an einer Lösung für eine hochleistungsfähige drahtlose Datenübertragung, wireless DSL genannt.

Andreas Gehring ist der Praxis-Partner. Der Informatiker von Engel Solutions will in Potsdam-Mittelmark beweisen, dass DSL auch ohne Leitungsnetz funktioniert. Gehring: „Eigentlich beschäftigen wir uns mit Netzwerken und damit verbundenen Sicherheitsfragen. Wir kümmern uns in unserer Region um DSL, weil wir den Bedarf sehen.“

Auf Einwohnerversammlungen hat Gehring über Funk-DSL informiert und dabei festgestellt, wie groß der Druck ist. Architekten, die dringend Pläne verschicken müssen, Fotografen, die sich mit ihren Bildern stundenlang die ISDN-Leitung blockieren und Ingenieure, die sicher sein wollen, dass ihre online versendeten Pläne pünktlich ankommen. Allein in Stahnsdorf würden 40 bis 60 Kunden sofort DSL nutzen, wenn sie es denn könnten.

Mit Unterstützung des Landkreises starteten die Universität Potsdam und die Stahnsdorfer Firma 2006 ein Modellprojekt, um die ländliche Region aus dem Tal der Ahnungslosen herauszuholen. Die Mittelbrandenburgische Sparkasse in Potsdam unterstützt das Vorhaben mit einer Spende, heißt es in einer Pressemittielung des Geldinstituts.

In Stahnsdorf beginnt jetzt die Realisierung. Im Sommer 2007 soll der Empfangsbereich vermessen und mit der Installation der Antennen begonnen werden. Parallel arbeitet Rebensburg mit seinen Studenten an der Verbesserung der Abhör-Sicherheit. Philip Schildein hat soeben seine Diplomarbeit dazu geschrieben und freut sich auf das Vorhaben. „Es ist spannend zu sehen, wie die Entwicklung in der Praxis umgesetzt wird. Oft verschwinden doch die Arbeiten in der Schublade“, sagt er.

Andreas Gehring plant schon die nächsten Vorhaben. „Wir entwickeln eine funkgestützte Lösung, die durch andere Provider auch anderswo eingesetzt werden kann.“ Der Bedarf – vor allem in ländlichen Gegenden – ist bundesweit sehr groß. Aber auch die Netzbetreiber schlafen nicht. Wenn sie mit einer größeren Kundenzahl rechnen, werden sie aktiv. ThoRo aus Kleinmachnow jedenfalls bekam die Nachricht, dass seine Wohnsiedlung am Stolper Weg im Sommer 2007 per Kupferkabel DSL-fähig werden soll. „Ob das nun auf mein damaliges Kündigungsschreiben zurückzuführen ist, wage ich aber zu bezweifeln“, schreibt er.

„Wo sich regionale Internet-Initiativen bilden, werden auch die Großen der Branche aktiv“, hat Andreas Gehring beobachtet. „Nur gut, Wettbewerb nutzt dem Kunden.“ rt/pek

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