Potsdam-Mittelmark: „Ich bin ein Teamspieler“
Stahnsdorfs SPD-Bürgermeisterkandidatin Ruth Barthels über Motive, Ziele und ihr Angebot an die CDU, sie zu unterstützen
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Ganz ehrlich: Was haben Sie sich um Mitternacht zum Jahreswechsel gewünscht?
Dass es nicht so kalt wird und wir mit unserem Hausbau in Stahnsdorf wie geplant fertig werden und Ende Februar umziehen können. Und ich habe mir gewünscht, dass meine Kandidatur erfolgreich ist und ich im Juni möglichst ohne Stichwahl zur Stahnsdorfer Bürgermeisterin gewählt werde.
Wie wichtig ist Ihnen das Gewinnen?
Ich bin schon jemand, der gewinnen möchte. Ich bin eine gute Demokratin, die auch verlieren kann. Aber um es klar zu sagen: Ich würde gern Bürgermeisterin werden.
Was sind denn Ihre Siegerqualitäten?
Stressresistenz, Durchhaltevermögen und einen langen Atem. Ich bin wenig nachtragend und lass mich nicht so schnell unterkriegen.
Was reizt Sie überhaupt am Bürgermeisteramt?
Es ist eine attraktive Aufgabe, einer Gemeinde vorzustehen, deren Geschicke maßgeblich mitzugestalten und an führender Stelle Einfluss zu nehmen. Ich sehe es als Herausforderung, zwischen Politik und Bürgern als Mittlerin zu fungieren und dementsprechend die Verwaltung zu organisieren. Oft ärgere ich mich, wie Ämter zum Teil arbeiten: bürokratisch, umständlich, zum Teil unfreundlich. Das kann man anders machen.
Frauen an der Rathausspitze sind noch immer selten. Warum trauen Sie sich das zu?
Das hängt mit meiner beruflichen Erfahrung zusammen. Ich bin bei der Deutschen Post AG in Führungspositionen und habe große Niederlassungen geleitet. Dort arbeite ich eigenverantwortlich, habe viele Kundenkontakte und bin für den wirtschaftlichen Erfolg verantwortlich. In einer Gemeinde hat man einen etwas anderen Rahmen, aber im Prinzip ist es das gleiche. Ich habe die Umstellung der Post in eine Aktiengesellschaft in leitender Funktion miterlebt und mitgestaltet. Das würde mir bei der Umstellung des gemeindlichen Haushaltswesens auf Doppik sehr zu gute kommen. Ich denke, dass ich als Juristin sämtliche Qualifikationen besitze, um eine Verwaltung zu führen.
Wie wichtig sind für Sie die politischen Erfahrungen, die Sie als Gemeindevertreterin in Kleinmachnow gemacht haben?
Ich bin seit 2001 in der SPD, doch politisch aktiv bin ich seit meiner Schulzeit. Ich war Schulsprecherin, habe in der Studentenpolitik mitgemischt und nach einer relativ breiten Orientierungsphase - meine Eltern waren in der CDU, mein damaliger Freund in der FDP - habe ich mich für die SPD entschieden und für eine Politik, die sozial Schwächeren und Ausgegrenzten hilft. Doch ich bin offen für alle Meinungen und habe keine Ressentiments anders Denkenden gegenüber. Gerade in der Kommunalpolitik unterhält man sich viel über Parteigrenzen hinweg. In Kommunen tritt die Parteipolitik eher in den Hintergrund. Die Interessen der politischen Akteure an der Entwicklung eines Ortes wie Stahnsdorf sind meist ähnlich, so dass eher die Frage dominiert, wie man die Aufgaben gemeinsam umsetzt. Wobei es bei den Themen Ortsentwicklung und Umweltpolitik durchaus auch Unterschiede gibt.
Sehen Sie einen Bürgermeister eher als Politiker oder als Verwalter?
Ich denke, es ist beides. Laut Gesetz könnte man meinen, es ist ein reines Verwaltungsamt, in dem man als Hauptverwaltungsbeamtin die Beschlüsse der Gemeindevertretung umsetzen muss. Aber meine Erfahrung sagt, dass eine Bürgermeisterin doch einen recht großen Gestaltungsspielraum hat und es gut ist, wenn sie politische Orientierung gibt. Es ist wichtig, politischen Rückhalt zu haben und politisch Position zu beziehen.
Wie groß ist der Rückhalt in der Stahnsdorfer SPD? Sie ist in der Stahnsdorfer Gemeindevertretung in der Minderheit, es fiel ihr in den letzten Jahren schwer, Akzente zu setzen. Wie beurteilen Sie die Schlagkraft Ihrer Parteifreunde?
Ich bin seit November Mitglied des SPD-Ortsvereins und halte die Truppe inzwischen für recht schlagkräftig. Die Motivation ist mit meiner Kandidatur sehr gewachsen. Das bundespolitisch bedingte schlechte Abschneiden bei der letzten Kommunalwahl hat in der Tat einige demotiviert. Doch inzwischen sind die Begeisterung und Überzeugung so gewachsen, dass wir das politische Kräfteverhältnis in Stahnsdorf wieder verändern können. Und eine erfolgreiche SPD-Kandidatur bei der Bürgermeisterwahl im Juni wäre ein wichtiger Impuls für die Kommunalwahlen im Herbst.
Warum eigentlich Stahnsdorf? Sie machen seit mehr als vier Jahren in Kleinmachnow Kommunalpolitik. Warum kandidieren Sie nicht dort zur Bürgermeisterwahl 2009?
Wir haben uns Anfang letzten Jahres entschieden, nach Stahnsdorf zu ziehen - unabhängig von der Frage nach beruflicher Veränderung. Daraus entwickelte sich die Überlegung, sich um das frei werdenden Bürgermeisteramt zu bewerben. Die Stahnsdorfer SPD konnte sich das vorstellen. Mögliche Eventualitäten in Kleinmachnow spielten da keine Rolle. In Stahnsdorf stehen die Genossinnen und Genossen voll hinter mir, die Stimmung ist gut, es gibt keine Flügelkämpfe.
Was gefällt Ihnen an Stahnsdorf?
Stahnsdorf hat einen sehr ländlichen Charakter. Es gibt große Grünflächen und es ist ursprünglicher als Kleinmachnow, was sehr stark kultiviert und reglementiert ist. In Stahnsdorf ist mehr Weite und Platz. Das gilt auch für den politischen Handlungsspielraum. Wenn man allein die Straßen vergleicht, dann ist Kleinmachnow durchgestylt, in Stahnsdorf sind viele Sandwege und unbefestigte Straßen. Allein da gibt es zusammen mit den Bürgern viel Gestaltungsspielraum.
Man hört im Wahlkampf immer, dass sich die Bewerber als Bürgermeister aller Bürger verstehen wollen und er das Ohr immer nah am Volk haben will. Der Alltag ist dann oft geprägt von Autorität und administrativer Machthabe. Warum sollte das bei Ihnen anders sein?
Ich habe mich in sehr vielen Führungsseminaren mit kooperativen und autoritären Führungsstilen beschäftigt. Das ist die Gretchenfrage. Ich denke, ich habe in meinen bisherigen Leitungspositionen bewiesen, dass ich kooperativ führen und kommunizieren kann. Ich bin in der Lage, meine Meinung zu ändern, wenn es bessere Argumente als die eigenen gibt. Als Teamspielerin kann ich Verantwortung abgeben und traue anderen etwas zu.
Können Sie sich vorstellen, mit der CDU zu kooperieren?
Sollte sich die Kandidatensuche bei der CDU schwierig gestalten, wäre ich gern „tolerierte“ Kandidatin auch der CDU. Ich habe dem Stahnsdorfer CDU-Ortsvorsitzenden bereits ein Gespräch hierüber angeboten. In der Kommunalpolitik geht es besonders um die Belange und Interessen der Menschen Ort, bei deren Umsetzung es um das Gemeinsame und nicht um das Trennende geht, so dass ich mir eine Kooperation durchaus vorstellen kann.
Blicken wir einmal voraus: Stahnsdorf in acht Jahren, Ihre erste Amtszeit geht zu Ende. Wo steht die Gemeinde?
Ich denke, dass wir wirtschaftlich und infrastrukturell ein weites Stück vorangekommen sind. Es ist uns gelungen, weitere größere Unternehmen im Gewerbegebiet anzusiedeln - vor allem wissensbasierte Firmen. Grünflächen an der Annastraße und das Beethovenwäldchen sind erhalten geblieben. Und Stahnsdorf ist mehr zusammen gewachsen: Die Potsdamer Straße ist deutlich verkehrsberuhigt und verbindet den Ort mehr als sie trennt.
Das Gespräch führte Peter Könnicke
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