Von Gerold Paul: „Ich habe nie kurz gesehen!“
Kulturstaatsminister Neumann im Caputher Kavalierhaus zu Freuden und Leiden seines Amtes
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Schwielowsee - Nachdem sich der „Bundesbeauftragte für Kultur und Medien“, der Staatsminister Bernd Neumann, am Dienstag die Brennpunkte der Kultur in Potsdam besichtigt hatte, folgte er einer Einladung von Katherina Reiche und Saskia Funck (beide CDU) nach Caputh. Im Kavalierhaus nahe des Schlosses war eine Podiumsveranstaltung mit dem Thema „Im Bund mit der Kultur“ angekündigt. Der Wintergarten proppevoll, neben Kommunalpolitikern kamen Vertreter diverser Vereine aus Potsdam. Klar, wo so ein Staatsminister auftaucht, da ist vielleicht noch etwas für Stadtschloss und Garnisonkirche zu holen.
Für Caputh allerdings nicht, Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) hatte zwar eine schöne Rede vorbereitet, worin sie die Rolle der Kultur vor Ort ganz rechtens pries, erhielt aber einen Korb. Der Bund sei hier mit Stülerkirche, Schloss und Einsteinhaus („nationales Interesse“) bereits dreimal vertreten – Kulturpolitik sei Ländersache, auf kommunaler Ebene „umzusetzen“, so Neumann. Zugleich machte der Christdemokrat deutlich, dass er ohne die Einladung des CDU-Kreisverbandes „wohl kaum“ nach Caputh gekommen wäre. Da muss man schon sehr dankbar sein.
Diese Podiumsveranstaltung setzte sich aus einer längeren Rede des ausgebildeten Lehrers sowie der Beantwortung einiger Publikumsfragen zusammen. Der Staatsminister, Politprofi im dreißigsten Jahr, schilderte ausführlich seine Freuden und Leiden im Amt. Freuden, indem er „die Kultur“ (Weimarer Bauart) zum Bindemittel aller Deutschen „im christlichen Abendland“ erklärte. Er nannte etliche Zahlen, mit denen der Bund hilft, wo ein Land es alleine nicht schafft. Sie markieren natürlich auch die Schwerpunkte staatlicher Interessen, bei den Schlössern mehr als bei Katen.
Neumanns Favorit ist der Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses, er sprach von einer „Schaufenster-Funktion“. Deutschland selbst sei als „Kulturland“ weit und breit ohne Beispiel, was nicht nur dem Bund, sondern vor allem den Kommunen und Vereinen zu danken sei. „Ich habe nie kurz gesehen“, verriet er der Runde mit kraftvoller Stimme. Beifall für den Satz, Kultur solle „um ihrer selbst willen“ gefördert werden – aber er könne nicht alles leisten, das war die leidvolle Seite.
Ganz im Staatsinteresse dürfte indes die verstärkte Förderung der „Gedenkstättenkultur“ liegen, auch die forcierte „Aufklärung“ der Jugend über „die zweite Diktatur“. Mit den Künstlern wolle er sich natürlich nicht inhaltlich auseinandersetzen, „Ich als Bund“ sieht sich jedoch gefordert, „die Rahmenbedingungen“ zu schaffen. In NRW schob der Staatsminister ja persönlich das Projekt „Jedem Kind ein Instrument“ an, das Land musste wohl oder übel folgen.
So viel Staat beeindruckte viele. Viel Beifall für gute Rhetorik, von Staat zu Mensch sozusagen.
Gerold Paul
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