Aus dem GERICHTSSAAL: „Ich kann mich nicht erinnern, gefahren zu sein!“
Pensionierter Polizist mit über drei Promille im Auto unterwegs / Rechtsmediziner ging von Vollrausch aus
Stand:
Zwei doppelte Korn wollte er trinken, um den Ärger über seine Ehefrau herunterzuspülen, erzählt Klaus K. (63, Name geändert) vor Gericht. Doch irgendwann war die Flasche leer. Der pensionierte hochrangige Polizeibeamte verspürte plötzlich Hunger. Die Gattin verweigerte ihm die Nahrung. Klaus K. setzte sich in seinen Rover, wollte einen nahen Imbiss ansteuern. Doch schon das Ausparken vom hauseigenen Stellplatz misslang. Der Mann touchierte einen am Straßenrand stehenden VW, widersetzte sich einem beherzt eingreifenden Bürger, der Schlimmeres verhindern wollte. Als Klaus K. in der Nacht des 4. April wieder zu Hause auftauchte, klingelte es wenig später an der Tür. Zwei Polizeibeamte konfrontierten ihn mit dem Vorwurf des Fahrens unter Alkoholeinfluss sowie einer Unfallflucht, nahmen ihn mit zur Blutprobe. Ergebnis: 2,87 Promille.
Im eleganten dunklen Anzug, mit akkurat geschnittenen grauen Haaren und Goldrandbrille sitzt Klaus K. nun auf der Anklagebank. Er ist sichtlich schockiert über das Geschehen, kann sich allerdings nicht erinnern, in sein Auto gestiegen zu sein. Da er vor einigen Wochen einen erneuten Blackout hatte, nahm der Ex-Staatsdiener jetzt professionelle Hilfe in Anspruch.
„Wie sind Ihre Trinkgewohnheiten?“, fragt Dr. Jörg Semmler (55). Der Rechtsmediziner soll klären, ob Klaus K. im Vollrausch durch die Stadt fuhr. Der Angeklagte berichtet, er tränke seit 30 Jahren „im unteren Bereich“, hätte bis auf die zwei Exzesse noch keinen Filmriss gehabt. Bei einer maximalen Blutalkoholkonzentration von 3,20 Promille zur Tatzeit könne man von aufgehobener Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten ausgehen, führt der Gutachter aus. Diesen Eindruck hegten übrigens auch die Beamten in jener Nacht. „Der Herr hatte sich in seinem Zimmer eingeschlossen. Er öffnete erst nach mehreren Minuten. Dann hatte er arge Probleme, wieder in seine Hose zu kommen. Er verhielt sich uns gegenüber sehr aggressiv. Auch zu seiner Frau war er nicht gerade nett“, so Polizeizeuge Denny C. (25). Seine Kollegin Corinna C. (24) ergänzt: „Er fragte, was uns einfällt, ihn einfach mitzunehmen. Schließlich sei er selbst einmal Polizist gewesen. Später sah er allerdings ein, dass wir ja auch nur unsere Arbeit machen.“ Klaus K. erhält wegen fahrlässigen Vollrausches eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 40 Euro sowie eine noch sechsmonatige Fahrerlaubnissperre. Bevor er wieder ans Steuer eines Autos darf, muss er allerdings den „Idiotentest“ bestehen. Hoga
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: