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Aus dem GERICHTSSAAL: „Ich sah nur einen Schatten!“

Dunkle Kleidung wurde 71-Jähriger zum Verhängnis

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Aus dem GERICHTSSAALDunkle Kleidung wurde 71-Jähriger zum Verhängnis Beelitz · Buchholz – Ina H. (38) hatte am Steuer ihres Mercedes kaum eine Chance, der Fußgängerin auszuweichen, die am 22. November 2003 die Bundesstraße 2 kurz vor dem Ortseingang von Buchholz betrat. Der Wagen der Lehrerin erfasste die dunkel gekleidete Rentnerin um 17.07 Uhr bei völliger Finsternis. Die 71-Jährige prallte mit dem Kopf gegen die Windschutzscheibe des Autos, wurde danach auf die Fahrbahn geschleudert. Sie verstarb noch am Unfallort. Jetzt saß Ina H. wegen fahrlässiger Tötung auf der Anklagebank des Amtsgerichts Potsdam. Nur mit Mühe verbarg die Pädagogin das Zittern ihrer Hände. „Wir kamen aus Berlin und wollten nach Hause. In Michendorf bin ich von der Autobahn auf die B2 eingebogen. Hier herrschte Kolonnenverkehr“, schilderte die Angeklagte die Situation kurz vor dem tragischen Unglück. Sie sei mit einer Freundin vorausgefahren. Ihr Lebensgefährte sei in einem anderen Auto gefolgt. Zwischen den Fahrzeugen hätten sich drei weitere Wagen befunden. „Wir fuhren alle so knapp unter 80 Stundenkilometer.“ Die Seniorin habe sie wegen fehlender Straßenbeleuchtung nicht wahrgenommen, nur einen Schatten. „Deshalb bin ich nach links auf die Gegenfahrbahn ausgewichen, die zum Glück gerade frei war“, so Ina H. Dörte M. (35) war Beifahrerin der Angeklagten an jenem Nachmittag. Auch sie sprach im Zeugenstand von einem Schatten, der plötzlich vor der Windschutzscheibe auftauchte. Im selben Moment habe ihre Freundin auch schon das Steuer herumgerissen. Da von den andern Autofahrern in der Kolonne keiner angehalten hatte, stand als weiterer Zeuge nur noch der Lebensgefährte von Ina H. zur Verfügung. Er konnte die Kollision zwar nicht sehen, bestätigte aber, dass sich die Fahrzeugschlange nicht schneller als die erlaubten 80 Stundenkilometer bewegte. „Es war eher weniger. Ich hatte schon versucht, die Kolonne zu überholen“, berichtete der Mann. Rechtsmediziner Dr. Jörg Semmler stellte bei dem Unfallopfer neben zahlreichen Brüchen der Beine u. a. eine mehrfache Beckenfraktur sowie einen offenen Schädeltrümmerbruch fest. Die schwere Kopfverletzung sei auf hohe Gewalteinwirkung von rechts zurückzuführen. „Bereits mehrere der Einzelverletzungen hätten gereicht, den Tod der Frau zu verursachen“, betonte der Sachverständige. Der Ingenieur für Kraftfahrzeugtechnik Karsten Laudien wurde von der Polizeiwache Beelitz beauftragt, den Unfallhergang zu rekonstruieren. Am Unglücksort – so der Experte – sei die Fahrbahn beidseitig von Bäumen gesäumt. An der Einmündung zum Bahnhofsweg – unweit der vermeintlichen Kollisionsstelle – gebe es eine einzige Straßenlampe. Diese sei aber vermutlich außer Betrieb gewesen. Die 71-Jährige sei von links nach rechts über die Straße gelaufen, dabei von dem Auto der Angeklagten, die offensichtlich gebremst habe, mit einer Geschwindigkeit zwischen 50 und 60 Stundenkilometern erfasst und knapp 22 Meter durch die Luft geschleudert worden. „Es ist nicht zu widerlegen, dass die Pkw-Fahrerin rechtzeitig reagierte. Wäre sie allerdings zwischen 62 und 67 km/h gefahren, hätte das spätere Opfer noch genügend Zeit gehabt, die Fahrbahn zu überqueren“, rechnete Laudien dem Gericht vor. Das befand, Ina H. treffe nur eine geringe Schuld an dem Unglück und stellte das Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße von 1400 Euro an das Potsdamer Oberlinhaus ein. Die Fußgängerin habe die Straße trotz der vorbeiziehenden Fahrzeugkolonne betreten. Auch habe ihre dunkle Kleidung keinen Kontrast zum nachtschwarzen Himmel geboten, führte der Vorsitzende aus. Hoga

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