Potsdam-Mittelmark: Illegaler Schuss?
Polizist soll Wildschwein unerlaubt erlegt haben / Kleinmachnower Gemeindeverwaltung erhob Bußgeld
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Kleinmachnow – Selbst Amtsrichter Dirk Lorenz räumte ein: „Der Fall ist ungewöhnlich und der erste dieser Art in meiner Laufbahn.“ Der Bundespolizist und Jagderlaubnisschein-Inhaber Dieter D.* (52) wurde von der Gemeindeverwaltung Kleinmachnow per Strafbefehl aufgefordert, 150 Euro Bußgeld zu zahlen: Er soll am 13. April 2008 ohne die erforderliche Erlaubnis auf dem Friedhof ein Wildschwein geschossen haben. Dieter D. legte Widerspruch ein, es kam zur mündlichen Hauptverhandlung.
Er habe keineswegs gegen das Brandenburgische Jagdgesetz verstoßen, sondern im Auftrag des zuständigen Jagdpächters für Recht und Ordnung gesorgt, betonte Dieter D. „Die Wildschweine richten großen Schaden auf dem Kleinmachnower Friedhof an. Außerdem stellen sie eine Bedrohung für die Besucher dar. Obwohl es sich um ein umfriedetes Gebiet handelt, hat die Untere Jagdbehörde eine Ausnahmegenehmigung zum Abschuss des Schwarzwildes erteilt.“ Um die Wildschweine anzulocken und später zu erlegen, habe er an einer abgelegenen Stelle des Friedhofs etwas Mais ausgelegt, so Dieter D. Als er an dem bewussten Tag nachschauen wollte, ob seine Strategie erfolgreich war, habe er sich plötzlich einer Wildschweinrotte gegenüber gesehen. „Ein Tier kam auf mich zu. Ich erschoss es und verständigte umgehend den Jagdpächter. Der sagte mir, ich hätte keinen Fehler gemacht.“ Erst vier Monate später erfuhr er, dass ihn die Jagdbehörde angezeigt hatte. Dieter D. fühlte sich als Jäger zu Unrecht gemaßregelt, zudem in seiner Ehre als Polizist gekränkt. „Nach Polizeirecht bin ich verpflichtet, Gefahren abzuwenden“, führte er aus. „In der damaligen Situation ging von der Schwarzwildrotte eine konkrete Gefährdung aus, sowohl für mich als auch für die Menschen auf dem Friedhof.“
Amtsrichter Lorenz hatte mit dieser Argumentation seine Schwierigkeiten. „Wenn Sie nur Polizist wären, könnte ich Ihrer Logik eher folgen. Sie waren zu dem fraglichen Zeitpunkt nicht im Dienst. Außerdem haben Sie das Tier mit ihrer Jagdwaffe und nicht mit der Dienstpistole erschossen“, gab er zu bedenken. „Wäre ein Schuss in die Luft nicht das angemessenere Mittel gewesen?“ Rechtliche Fragen – so der Vorsitzende – könne er sofort klären. Fachliche Kompetenz besäße allein die Verwaltungsbehörde. Trotz ordnungsgemäßer Ladung blieb der zuständige Sachbearbeiter der Verhandlung fern. „Vielleicht hat die Behörde kein Interesse am Ausgang des Verfahrens?“, mutmaßte der Richter. „Zudem scheint mir der Bußgeldbescheid etwas unpräzise.“ Da derartige Vergehen mit Geldauflagen bis zu 5000 Euro geahndet werden, sei zudem davon auszugehen, die Verwaltung schätze das vermeintliche Vergehen von Dieter D. als nicht besonders gravierend ein. „Wir müssen klären, wieso überhaupt ein Bußgeldbescheid erlassen wurde“, resümierte der Vorsitzende und unterbrach die Verhandlung bis zum 26. Mai. Jetzt ergeht eine erneute Ladung an die Gemeindeverwaltung. Auch der zuständige Jagdpächter soll am zweiten Verhandlungstag gehört werden. (*Name geändert.) Hoga
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