Potsdam-Mittelmark: Im Zeichen des Pirols
Am Montag wurde das neue Stahnsdorfer Gymnasium eröffnet. Es trägt den Namen Vicco von Bülow
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Stahnsdorf - „Wussten Sie schon, dass die Alpen einen ganz erbärmlichen Anblick bieten, wenn man sich die Berge einmal wegdenkt.“ Dieses Zitat von Vicco von Bülow (1923 bis 2011) alias Loriot wird künftig auf einer von zwei Holzpaneelen das Treppenhaus im neuen Stahnsdorfer Gymnasium schmücken. Zu sehen sein wird auch die berühmte Karikatur mit den zwei Herren in der Badewanne: „Die Ente bleibt draußen.“ Am Montag ist das neue Schulgebäude an der Heinrich-Zille-Straße feierlich eröffnet worden. Gleichzeitig wurde dem Gymnasium im Beisein von Loriots Tochter Susanne von Bülow feierlich der Name des berühmten Karikaturisten, Schauspielers und Opernkenners verliehen.
Vicco von Bülow stehe für Scharfsinn, Humor und Bildung, sagte Mittelmarks Landrat Wolfgang Blasig (SPD). Insofern mache die Namensgebung Sinn. 17,3 Millionen Euro hat der Landkreis in den Schulneubau inklusive Sporthalle investiert, 4,2 Millionen kamen aus dem Konjunkturpaket II des Bundes. Insgesamt war es die größte Investition, die der Landkreis je getätigt hat. Wie berichtet haben die hohen Anmeldezahlen den Bau eines dritten vom Landkreis getragenen Gymnasiums in der Region erforderlich gemacht. Die Schule als solche gibt es schon länger, sie wurde vor vier Jahren an einem provisorischen Standort in Teltow eröffnet (PNN berichteten). Bis zu 550 Schüler werden nun in dem neuen Gymnasium künftig lernen.
Zur Eröffnung trugen sie gestern bereits auf ihren grauen T-Shirts das neue Logo der Schule, entworfen von Nils Althaus, einem Schüler der 11. Klasse. Es zeigt die stilisierte Form eines Vogels – eines Pirols, wie er bereits im Wappen der Familie von Bülow zu finden ist. Der Künstlername Loriot ist die französische Bezeichnung des Pirols – in der mecklenburgischen Heimat des Adelsgeschlechtes ist Vogel Bülow eine gängige Bezeichnung für den Pirol. Die Flügel bilden im Logo zudem ein V für den Namen Vicco.
Ein Vogel mit weiten Schwingen ist auch das Motiv einer großen Plastik des Künstlers Christian Roehl, die die Gemeinden Stahnsdorf, Kleinmachnow und Teltow erworben und dem Gymnasium zur Eröffnung geschenkt haben. Weithin sichtbar steht sie jetzt auf dem Vorplatz der Schule – nur wenige Hundert Meter Luftlinie entfernt hatte der im August vergangenen Jahres verstorbene Christian Roehl seine Werkstatt auf dem Stahnsdorfer Südwestkirchhof.
Vor wenigen Wochen fiel die Entscheidung, dass die Plastik „Aufstehen – Einfallen“ vor dem Gymnasium aufgestellt wird. „Alle Beteiligten hatten das Gefühl, dass hier auf wunderbare Weise etwas Besonderes passiert“, sagte Roehls Partnerin Alice Bahra am Montag. Vögel fallen ein, wenn sie landen, und stehen auf, wenn sie wieder los wollen. Das war der Grundgedanke für die 2005 entstandene Plastik. „Auch Schüler fallen ein und fliegen wieder los, ins weitere Leben“, sagte Alice Bahra. Sicherlich werde es noch viele andere Assoziationen geben.
Die Schüler jedenfalls feierten am Montag begeistert ihren Pirol und zählten den Countdown bis zur Enthüllung des Namenszuges über der Eingangstür. „Wir gehen auf das Vicco“, wird es wohl in Zukunft kurz und knapp heißen. Viele haben schon einmal einen Blick in das neue Schulgebäude geworfen.
„Die beiden großen Lichthöfe gefallen mir besonders gut“, sagte Joey Rug aus der 11. Klasse. Auch die meist unverputzten Betonwände seien mal etwas anderes. Die Lichthöfe – ein wesentliches Gestaltungselement der Architektin Dominica Sander – findet auch Alena Rutkowski aus der 11. Klass gut – die sogenannte Sichtbetonwände sieht sie indes noch etwas skeptisch.
Jetzt komme es darauf an, dass neue Schulgebäude mit Leben zu erfüllen, sagte Schuldirektor Ulrich Klatt. Er lobte besonders die supermoderne Ausstattung unter anderem mit interaktiven Schultafeln in jedem Unterrichtsraum. Stahnsdorfs Bürgermeister Bernd Albers (Bürger für Bürger) betonte den historischen Fakt, das nun erstmals in der Gemeinde auch das Abitur abgelegt werden könne. Zudem sei in diesem Fall bewiesen worden, dass die öffentliche Hand als Bauherr durchaus Zeit- und Kostenpläne einhalten könne.
„Das neue Gymnasium ist ein weiteres Element einer sehr breit gefächerten Bildungslandschaft in der Region“, betonte Landrat Blasig. Sie sei ein großes Pfund und trage dazu bei, dass man auch weiterhin Zuzugsregion bleibe. „Zuallererst investieren in die Bildung und dann erst in die Straße“, so Blasig. Die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Katherina Reiche (CDU), lobte vor allem die hohe Energieeffizienz des neuen Gebäudes, das unter anderem mit einer Be- und Entlüftung inklusive Wärmerückgewinnung ausgerüstet wurde.
Auch Loriot habe sich mit Halbheiten nie zufrieden gegeben, sagte Geschichtslehrer Sven Jentzen in seiner Laudatio. An seine Schulzeit soll sich der Humorist indes einmal so erinnert haben: „Meine Leistungen in Mathematik und Griechisch ließen zu wünschen übrig. In den Fächern Deutsch, Zeichnen und Leibesübungen verfehlte ich nur knapp das Geniale.“ Es war wohl dieser feine Sinn für Humor, der ihn bei den Schülern zum Favoriten für die Namensgebung werden ließ.
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