Potsdam-Mittelmark: Im Zweifel für die Wirtschaft
Debatte zum Flächennutzungsplan in Schwielowsee abgeschlossen – zwei Streitpunkte sind geblieben
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Schwielowsee - Im Zweifel fürs Gewerbe – so lässt sich die Schlussdebatte der Gemeindevertretung Schwielowsee zum Flächennutzungsplan zusammenfassen. Am Mittwochabend wurde die Diskussion über das Planwerk, das die städtebauliche Zielrichtung der nächsten fünfzehn Jahre fixiert, in einer Sondersitzung per „Feststellungsbeschluss“ abgeschlossen. Vier Jahre lang stand der Flächennutzungsplan immer wieder auf der Tagesordnung der kommunalen Gremien und wurde zweimal öffentlich ausgelegt. Viele Streitpunkte wurden in stundenlangen Diskussionen und Dutzenden Argumentationspapieren ausgeräumt, nicht alle.
Bauflächen für 1000 Neubürger will die 10 000-Einwohner-Gemeinde ausweisen. Handel und Gastgewerbe sollen in dem staatlich anerkannten Erholungsort gestärkt, bestehenden Gewerbestandorten eine „angemessene Entwicklung“ gesichert werden. Letzteres führte in Caputh und Geltow zu Konfrontationen, die am Mittwoch in demokratischen Voten zugunsten der Wirtschaft mündeten.
In Caputh wurde im öffentlichen Beteiligungsverfahren von sieben Bürgern und auch von der SPD-Fraktion die Frage gestellt, ob es notwendig ist, den Bereich Straße der Einheit, Friedrich-Ebert-Straße und Weinbergstraße als Mischgebiet beizubehalten. Derzeit hat das Wohnen in dem Bereich mit gut 75 Prozent die Priorität. Anders als in einem Wohngebiet müssen sich Bewohner im Mischgebiet mit dem Gewerbe arrangieren, etwas Lärm und gewisse Einschränkungen hinnehmen. Keine der Nutzungsarten soll ein Übergewicht haben.
Die Gemeinde will mit dem Status „Mischgebiet“ weitere Gewerbeansiedlungen, besonders im touristischen Bereich, ermöglichen. In einem Wohngebiet ginge das kaum. Kritiker sehen darin einen Widerspruch zum Erholungsort-Charakter, fürchten Krach und Staub – und den Verkehrskollaps. SPD-Fraktionär Bernd Lietz befand, dass solche Argumente in der Diskussion des Flächennutzungsplans kaum Beachtung gefunden haben. Er sprach sich im Namen seiner Fraktion für eine Umwidmung des Caputher Zentrums in ein reines Wohngebiet aus.
Die große Mehrheit der Gemeindevertreter schloss sich derweil der Lesart des Rathauses an, dass die Ängste unbegründet sind. Die Verkehrsprobleme sollen mit Fachleuten gemildert werden. Nachteilige Auswirkungen auf den Erholungsort werden nicht erkannt. Und der Schutz der Nachtruhe und des Wochenendes gelte auch in Mischgebieten. „Wir wollen ein Zeichen setzen, dass das Gewerbe in Caputh willkommen ist“, so CDU/SPD-Fraktionschef Heiko Hüller.
Zugunsten des Gewerbes wurde am Mittwochabend auch an der Wildparkstraße in Geltow entschieden: Die Firma Richter, durch deren Recyclinghof am Ortsrand sich viele Bewohner gestört fühlen, steht für die Gemeindevertretung nicht zur Disposition. 29 Bürger und das Landesumweltamt hatten den Standort und insbesondere Richters aktuelle Erweiterungspläne infrage gestellt. Das Rathaus hält entgegen, dass mit der Erweiterung zusätzliche Lärmschutzeinhausungen und Wälle geplant seien und es unterm Strich leiser werden soll.
Das Firmengelände ist im Flächennutzungsplan nun als „Sonderbaufläche“ dargestellt, so soll die planungsrechtlich etwas wacklige Existenz gesichert werden. Andere Gewerbe als Recycling und Spedition wären aber ausgeschlossen. Zusätzlich wird zwischen Firmengelände und Wohngebiet ein Mischgebiet als Puffer ausgewiesen, in dem Bereich befinden sich zehn Wohnhäuser und eine Zimmerei mit Holzhandel, die ohne diese Änderung wohl ebenfalls umziehen müsste.
SPD-Mann Heiko Schmale warf den Gemeindevertretern vor, „mit dem Kopf durch die Wand“ zu wollen, anstatt Richters Firmenumzug ins abgelegene Gewerbegebiet Ferch zu organisieren. Heiko Hüller kommentierte das so: „Man muss in einer Demokratie auch mal die Mehrheiten akzeptieren.“ Der Flächennutzungsplan wird jetzt dem Landkreis zur Genehmigung vorgelegt und soll, so wird im Rathaus gehofft, im nächsten Frühjahr in Kraft treten. Henry Klix
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