Potsdam-Mittelmark: Immer noch dringend gebraucht
Teltower Arbeitslosenverein feierte 20-jähriges Jubiläum / Wichtiger Ratgeber in der Region
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Teltow - Zur Gründung im Jahr 1991 hätte niemand geglaubt, dass es eine 20-Jahres-Feier geben würde, sagte die Vorsitzende und Mitinitiatorin des Teltower Arbeitslosenvereins (Tav), Christel Kern. Am Montag aber war es soweit, der Tav lud ins Teltower Rathaus ein. Trotz des vielbeschworenen Aufschwungs sieht Arbeitsminister Günter Baaske (SPD) keinen Grund, die Vereinsarbeit einzustellen. „Die Arbeitslosigkeit war zur Zeit der Gründung ungefähr genau so hoch wie jetzt“, sagte er auf der Veranstaltung.
Nach der Wende habe zunächst Aufbruchstimmung geherrscht, arbeitslos zu werden, sei für die DDR-Bürger unvorstellbar gewesen, erzählte Christel Kern. Dann aber wurden die Betriebe in der Region sehr schnell abgewickelt. Viele Menschen hätten sich jedoch geweigert, einen Antrag auf Arbeitslosengeld zu stellen. Um ihnen zu helfen, wurde der Verein gegründet, man bot Hilfe, wenn es darum ging, Unterlagen zu prüfen, wies auf Fördermöglichkeiten hin. Seit vielen Jahren bietet der Tav aber auch Weiterbildung und Projekte zum Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt an. Als Projektträger für die Mittelmärkische Arbeitsgemeinschaft zur Integration in Arbeit (Maia) vermittelt der Tav sogenannte Mini-Jobs.
Nach der Wende sei es vor allem die Wut und die Sprachlosigkeit der Menschen gewesen, die zur Gründung des Vereins geführt hätten, erinnerte sich Helmuth Kulla, stellvertretender Superintendent des Kreiskirchenrates. „Seit 20 Jahren gibt der Tav den Arbeitslosen eine Stimme.“ Moderiert wurde die Veranstaltung vom Kleinmachnower Bürgermeister Michael Grubert (SPD). „Ich kann das Geschachere um zusätzliche drei Euro in der Debatte um eine Anhebung des Hartz-IV-Regelsatzes nicht begreifen“, sagte er. Und Christel Kern fügte hinzu: „Die Rede von der sozialen Hängematte, in die sich viele Arbeitslose fallen ließen, ist überstrapaziert.“ Den 38 Sozialbetrügern, die es 2010 im Landkreis gegeben hätte, stünden rund 2000 Menschen gegenüber, die seit langem auf die Bearbeitung ihrer Anträge warteten. Die Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein (SPD) ist überzeugt: „Trotz immer noch 5000 Arbeitslosen ist die Region Teltow bereits eine Wachstumsregion, auch wenn sie offiziell noch nicht als solche geführt wird.“ Der Tav werde also noch dringend gebraucht. Baaske war selbst an der Entwicklung von Hartz IV beteiligt. Er gestand den Gästen im Stubenrauch-Saal: „Es war ein herber Schlag für mich, dass wir damit laut Gericht gegen die Menschenwürde, das Gleichheitsgebot und den sozialen Rechtsstaat verstoßen haben.“ Deshalb begrüßte er es, dass nun ein Mindestlohn für Leiharbeiter von 7,50 Euro eingeführt werde. Allein in Brandenburg seien 19 700 Menschen davon betroffen. Auch in der Ausbildungsbranche und im Sicherheitsgewerbe werde ein Mindestlohn nötig, weil sich ab Mai der Markt auch für Arbeitslose aus anderen Ländern öffnen werde.
Landrat Wolfgang Blasig (SPD) ehrte im Anschluss ehrenamtliche Mitarbeiter des Tav. Neben Christel Kern gehörten zu den Ausgezeichneten ihr Stellvertreter Hans Fiedler sowie Jürgen Gutzmann, Christel Kaufmann, Brigitte Gröning und Brigitte Bartsch, die ebenfalls Vorstandsmitglieder sind. Ariane Lemme
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