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Elektromobilität in Potsdam-Mittelmark: Immer öfter unter Strom

Beelitz will als erste Kommune in Potsdam-Mittelmark den Fuhrpark auf Elektroautos umstellen. E-Busse sind allerdings noch zu teuer.

Von Enrico Bellin

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Potsdam-Mittelmark - Sie sind lautlos, umweltfreundlich und teuer. So das gängige Vorurteil gegen Elektroautos. Im Landkreis gewinnt die Elektromobilität trotz hoher Anschaffungskosten immer mehr an Bedeutung. Mitarbeiter des Bergmann-Klinikums pendeln seit eineinhalb Jahren elektrisch zwischen Potsdam und Bad Belzig, auch mit Elektro-Bussen gab es mehrere Versuche im Landkreis. Als erste Kommune will nun die Stadt Beelitz ihren Fuhrpark auf Elektroautos umstellen, wie Bürgermeister Bernhard Knuth (Bürgerbündnis) den PNN auf Anfrage mitteilte.

Seit knapp einem Jahr least die Stadt einen elektrischen Renault Zoe. „Unsere Erfahrungen sind äußerst positiv“, so Knuth über das Auto. „Die Mitarbeiter nutzen es gern, da es sehr komfortabel ist und auch das Aufladen problemlos klappt.“ Nach der Fahrt müsse man nur den Stecker an der Steckdose im Rathaus einstecken. Auch eine Wartung sei noch nicht angefallen. In den kommenden Jahren sollen sukzessive die restlichen Autos des Fuhrparks durch elektronische Modelle ersetzt werden. Nur für das Ordnungsamt wolle man einen Wagen mit klassischem Verbrennungsmotor behalten, da die Mitarbeiter oft mehr als 100 Kilometer am Tag zurücklegen würden – zu viel für eine Autobatterie.

Zapfsäule am Rathaus Beelitz wird gut genutzt

Fast 4000 Kilometer hat der Beelitzer Renault inzwischen abgespult. Laut Stadtsprecher Thomas Lähns wären dadurch bei einem Benziner Kosten von etwa 3500 Euro entstanden. Für den Zoe entstanden Stromkosten von rund 120 Euro. Neben der Zapfsäule am Rathaus soll demnächst eine weitere in der Straße Am Anger aufgestellt werden. Seit dem Vorjahr gibt es auch eine Ladesäule direkt vor der Touristen-Information, die über ein Solarmodul gespeist wird. Die Säule ist öffentlich und kostenlos nutzbar. „Besucher nutzen die Säule immer öfter, das sehen wir von unseren Büros aus“, so Lähns. Während des Ladens der Batterie besuchen Gäste die Touristen-Info, gehen ins Postmuseum oder einfach ins Café.

Im Vorjahr wurde die Ladesäule für 2600 Euro aufgestellt, 1700 Euro davon stammten vom Landesumweltministerium. Für das Schaufenster Elektromobilität Berlin-Brandenburg werden insgesamt 30 Projekte gefördert. Insgesamt fließen vom Bund für die Projekte 36 Millionen Euro in die Hauptstadtregion, die Länder Brandenburg und Berlin geben ihrerseits 20 Millionen dazu.

Klinikumsmitarbeiter pendeln zwischen Potsdam und Bad Belzig

Dass Elektromobilität auch auf mittleren Strecken sinnvoll ist, zeigt das Klinikum „Ernst von Bergmann“. Seit Januar 2014 pendeln dessen Mitarbeiter mit zwei BMW i3 zwischen den Klinikstandorten Potsdam und Bad Belzig. „Die Autos haben eine Reichweite von bis zu 150 Kilometern und wir haben Ladesäulen an beiden Standorten, die öffentlich nutzbar sind“, so Klinik-Sprecherin Damaris Hunsmann. Die 60 Kilometer pro Strecke seien so gut zu erledigen, während eines Termins habe man schließlich auch Zeit zum Aufladen. Im Winter sinke die Reichweite zwar rapide durch kalte Außentemperaturen und Stromfresser wie die Heizung. „Frieren muss in den Autos aber dennoch niemand“, so Hunsmann. Im Zweifel müsse man das Navi ausschalten und selber singen, statt das Radio anzuschalten.

Die Fahrzeuge würden sehr gut angenommen, auch beim Klinikum soll die Flotte weiter wachsen. Gänzlich umstellen könne man Hunsmann zufolge aber nicht. „Wir haben auch einen Standort in Forst, die 150 Kilometer dorthin sind bisher für Elektroautos im Alltag zu weit.“

Elektro-Busse lohnen sich nicht

Auch für Hans-Jürgen Hennig von der Belziger Verkehrsgesellschaft (VGB) ist die Reichweite ein Problem, sind seine Fahrzeuge doch meist eine Nummer größer und wiegen zwölf Tonnen. „Wir haben zwar einen Elektro-Smart für Geschäftsfahrten, mit dem wir sehr zufrieden sind. Die Kosten für Elektrobusse sind jedoch jenseits von Gut und Böse“, so der Geschäftsführer. Im Juli testete die VGB mehrere Tage lang einen Elektrobus der Firma EBus Europa. Während Standard-Busse ohne spezielle Ausstattung für 240 000 Euro zu haben seien, würde ein gleichwertiger Elektrobus eine halbe Million Euro kosten. Durch Einsparungen beim Kraftstoff könne das nicht ausgeglichen werden, zumal Diesel im Moment recht günstig zu haben ist. Im Laufe eines Buslebens müssten zudem zweimal die Batterien ersetzt werden, was jedes Mal 100 000 Euro koste. „Man kann also sagen, Elektrobusse sind dreimal so teuer wie normale“, so Hennig. Sein Kollege René Poleske, Geschäftsführer der Beelitzer Verkehrsgesellschaft, ergänzt, dass zudem noch die Infrastruktur wie die Werkstätten angepasst und Schlosser umgeschult werden müssten. Auch die Beelitzer haben mehrere Elektrobusse getestet, mit gleichem Ergebnis wie die Belziger.

Neben den Kosten sei auch die begrenzte Reichweite ein Problem. „Für den Stadtverkehr mit kurzen Umläufen sind Elektrobusse praktisch, unsere Fahrten gehen aber über Land“, so Hans-Jürgen Hennig. Im Jahresverlauf werde man noch einen Bus testen, der mit einer Batterieladung 200 Kilometer weit fahren könne, das Finanzierungsproblem werde aber bleiben. „Wir können für die ökologischeren Busse ja keinen höheren Fahrpreis verlangen als für Fahrten mit normalen Bussen. Es ist nicht wie im Supermarkt, wo der Kunde zwischen Öko und normal wählen und entsprechend mehr bezahlen kann“, so Hennig.

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