Potsdam-Mittelmark: In die Praxis geschnuppert
Beim 3. Ausbildungsforum des Gewerbevereins ging es auch um süß und bitter
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Michendorf - Die Hände in den Hosentaschen, schieben sich fünf Jugendliche am Donnerstag zögerlich durch die Tür zum Konferenzraum des Tryp Hotels. Hier soll um 14 Uhr das 3. Ausbildungsforum des Michendorfer Gewerbevereins eröffnet werden. Noch fünf Minuten sind es, ehe das Forum beginnt, weshalb die fünf unschlüssig neben dem Stand der Sparkasse verharren und nur aus den Augenwinkeln das emsige Treiben an den Tischen ringsum mustern.
Eigentlich sollen sie draußen mit ihren Mitschülern warten, wie ihnen soeben Dagmar Sartorius vom Gewerbeverein erklärt, aber da winkt Ralf Weißmann vom Tisch gegenüber den Jungen aufmunternd zu, mal herüber zu kommen. Der Gastwirt aus Wildenbruch lädt sie zu einem Test ein, bei dem sie herausfinden sollen, was bitter, süß oder nach Mandeln schmeckt. So auf den Geschmack gekommen entwickelt sich ein Gespräch über den Kochberuf und die dazu notwendige dreijährige Ausbildung.
Der Dialog zwischen Schülern und Ausbildungsbetrieben steht in diesem Jahr im Mittelpunkt der Veranstaltung und die häufigste Frage, die Schüler der Wilhelmshorster Oberschule an diesem Nachmittag stellen, lautet: „Kann man bei Ihnen auch ein Praktikum machen?“ Denn das ist ein wichtiger Bestandteil des Praxislernens, das seit einem Jahr ab Klasse 8 absolviert wird. Doch bei Gastwirt Weißmann ist nur ein dreitägiger Schnupperkurs möglich.
Auch von den acht anderen Firmen, die sich als Ausbildungsbetriebe vorstellen, bieten nur drei ein Praktikum an. Ein Papier, das der Gewerbeverein verteilt, listet immerhin 35 Firmen mit Praktikumsplätzen auf, die von Apotheke bis zu Tiefbau reichen. Praxisnahe Einblicke in Berufe sollen Schüler so erhalten und erfahren, welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen.
Umgekehrt erfährt auch die Schule, worauf geachtet werden muss, konstatiert Schulleiter Peter Fuchs in der anschließenden Diskussion. „Es beeindruckt Schüler mehr, wenn Leute aus der Wirtschaft sagen, woran sie noch arbeiten müssen.“ Teamfähigkeit sei ein weiteres Muss für die Praxis, in der man manchmal auch unangenehme Dinge lösen müsse. Als großen Erfolg wertete Fuchs, dass die Selbstkompetenz der Schüler zunehme und sie befähige, eigene Entscheidungen zu treffen.
Eine, die sich bereits für einen Beruf entschieden hat, ist die 16-jährige Anne Kestin. Ein Kitapraktikum war für sie Bestätigung, Erzieherin zu werden. Und im Forum erfährt sie, dass dafür eine soziale Vorbildung und ein Fachschulstudium nötig sind. Viereinhalb Jahre muss sie dafür einkalkulieren.
Zweieinhalb Jahre dauert die Ausbildung bei der Sparkasse, ebenso für Bürokaufleute und ein Jahr länger, um Elektromonteur zu werden. Eine Zwei in Mathe und Physik nennt Mario Kempa als Kriterien, um in seiner Elektronikfirma einen Ausbildungsplatz zu erhalten. Keiner der Jugendlichen fragt jedoch nach Anfangsgehältern, obwohl die stark voneinander abweichen. So erhält ein Elektroniker anfangs 800 Euro, ein Sparkassenangestellter etwa 1300 Euro und ein junger Verwaltungsfacharbeiter immerhin rund 1500 Euro. Kirsten Graulich
Kirsten Graulich
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