Potsdam-Mittelmark: In sich gehen
Henry Klix
Stand:
Henry Klix Skandal oder Dorfposse? Die Wahrheit liegt im Fall des Langerwischer Ex-Bürgermeisters Wolfgang Kroll in der Mitte. Rund 10000 Euro hat er für sein 1600-Einwohner-Dorf in neun Jahren vertelefoniert – und sich die Kosten aus dem klammen Langerwischer Haushalt erstatten lassen. Seine Gemeindevertreter trugen die Praxis mehrheitlich mit, die Verwaltung hatte nichts zu beanstanden und die Kommunalaufsicht ist erst nach zehn Jahren aus dem Koma erwacht – deshalb trifft Kroll wohl rechtlich nur bedingt eine Schuld. Moralisch hat er allen Grund, sich unter der Bettdecke zu verkriechen. Kroll bekam monatlich 715 Euro Aufwandsentschädigung – kein Lohn für sein Ehrenamt sondern Geld, das ihm für seine Unkosten – Benzin, Briefmarken und eben Telefon – überwiesen wurde. Selbst wenn man der kippligen Argumentation folgt, er habe sein Handy nur dienstlich genutzt: Die 100 Euro monatlich sollten mit der Aufwandsentschädigung beglichen gewesen sein – gerade wenn man bedenkt, dass zum Beispiel die Gelder für die Seniorenarbeit des Dörfchens voriges Jahr auf 500 Euro zusammengestrichen wurden, es im Jahr 2002 gar keinen Haushalt gab, weil die Gemeinde vor der Pleite stand. Viele haben Wolfgang Kroll zugeschaut – und dabei auf die Selbstbedienungsmentalität der Profipolitiker geschimpft. Kommunalaufsicht und Staatsanwaltschaft bieten jetzt den peinlichen Anlass, in sich zu gehen.
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