zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: In unsicheren Zeiten auf festen Füßen

Besonnen hat Bernd Felgenträger seinen Wachschutz durch 15 teilweise turbulente Jahre geführt und heute manchen Prominenten in seiner Kartei

Besonnen hat Bernd Felgenträger seinen Wachschutz durch 15 teilweise turbulente Jahre geführt und heute manchen Prominenten in seiner Kartei Teltow - Der Anfang war alles andere als sicher. Zwar hatte Bernd Felgenträger ein gutes halbes Jahr nach der Wende aus dem Werksschutz des Teltower Elektronik-Kombinates schnell einen eigenständigen Wach- und Schließdienst (WSD) rekrutiert, bald einen Mitarbeiterstamm von 110 Leuten beisammen. Die ersten Aufträge kamen, eine kleine Golf-Flotte stand vor der Tür. Doch schon nach wenigen Wochen geriet die junge Firma ins Zwielicht. Der rasante Aufstieg gab so manchem Anlass für Verdächtigungen, so dass im Dezember 1990 das Unternehmen für Schlagzeilen sorgte: „Razzia in Teltow: Staatsanwaltschaft spürt Seilschaften nach“, titelte etwa die „Morgenpost“. Die Ermittler durchsuchten die WSD-Büros, Felgenträgers Wohnung und auch die seines Geschäftspartners Ekkehard Riediger, weil vermutet wurde, dass sich der WSD aus alten Stasi-Seilschaften finanziert und ihre Geschäfte abwickelt. Doch statt Mielkes Kriegskasse fanden die Staatsanwälte einen lupenreinen Kreditvertrag über eine Million D-Mark, den Felgenträger mit der Deutschen Bank geschlossen hatte. Er kann sich noch genau erinnern, wie er mit gerade mal 35 Jahren bei den gestylten Bankern in der Berliner Otto-Suhr-Allee saß und seine Unterschrift unter die damals schier unglaubliche Summe setzte. Die Staatsanwaltschaft stellte ihre Ermittlungen bald ein, der Kredit ist seit acht Jahren abbezahlt und Erich Mielke hat Felgenträger nie gesehen. „Natürlich hatte ich als Sicherheitschef eines Kombinates mit 28 000 Menschen auch Verbindung zum MfS“, sagt er. „Das war unumgänglich.“ Heute, 15 Jahre nach der Firmengründung, klebt das Firmenlogo „WSD“ an hunderten Eingangstüren in Brandenburg, Berlin und auch im Anhaltinischen. Das mittelmärkische Landratsamt, Kleinmachnows neues Rathaus, die Charité oder das Vivantes-Krankenhaus, die ADAC-Zentrale oder das Einstein-Haus in Caputh – all diese Objekte stehen auf der Sicherungs- und Überwachungsliste der WSD. 2900 Namen zählt die Kundenkartei, wovon 2000 über Aufschaltungen direkt mit der WSD-Notruf- und Servicestelle verbunden sind. Diese computergesteuerte Alarmzentrale – Herzstück der WSD auf modernstem Niveau – gleicht selbst einem Sicherheitstrakt. Die Fenster sind aus Panzerglas, der Zugang ist nur durch eine Schleuse möglich. Ob Einbruch im Autohaus, Diebe im Wohnzimmer, Fahrstuhldefekt im Bürogebäude oder technische Havarie im Heizhaus – hier laufen alle Meldungen ein, von hier werden die notwendigen Maßnahmen koordiniert, Polizei und Feuerwehr benachrichtigt. Auch Modemacher Wolfgang Joop zählt zur prominenten Kundschaft, der auf die Dienste der Teltower Wächter baut. Aber auch immer mehr Menschen, die weniger berühmt sind und im Licht der Öffentlichkeit stehen, hätten ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis. „Die Zahl privater Wohnhäuser, die an unser Alarmsystem angeschlossen sind, wächst deutlich schneller als in den 90er Jahren“, sagt Felgenträger. „Wir sind keine Rambos“, sagt der WSD-Chef allzu gern. „Wachschutzdienst ist mühevolle, konzentrierte und manchmal auch stupide Arbeit“: patroullieren, kontrollieren, auf- und zuschließen, Schranken öffnen. Neben dem Objektschutz betreut die WSD auch Veranstaltungen: Konzerte, Fußballspiele, Stadtfeste, Kongresse und Bälle. Ein auch noch so sicheres System hat manchmal ein Leck: „Wir arbeiten mit Menschen, da passieren Fehler“, räumt Felgenträger ungeniert ein. „So wie selbst dem Innenminister Computer-Festplatten abhanden kommen, gibt es auch bei uns Vorkommnisse.“ Um die Quote so gering wie möglich zu halten, gibt es bei der WSD einen eigenen Inspektor, der verdeckt die Arbeit der Wachmänner kontrolliert. Erfolg: „Seit 1999 haben wir keinen Vertrag mehr verloren“, bilanziert Felgenträger. Im Jahr laufen etwa 2000 Gefahrenmeldungen in der WSD-Zentrale ein. In 1000 Fällen wird wegen vermeintlicher Einbrüche Alarm geschlagen. In den meisten Fällen ist die Aufregung jedoch unbegründet, da der Notruf wegen technischer Defekte oder Bedienungsfehler ausgelöst wurde. Aber es gibt auch etwa 150 Fälle im Jahr, wo es ernst wurde und in denen die WSD-Mitarbeiter Straftaten vereitelten. Bei einem Einbruch in ein Berliner Ärztehaus hatten Einbrecher die gesamte Computeranlage schon zum Abtransport bereitgestellt, als die Wachmänner eintrafen und die Räuber in die Flucht schlugen. Nach einer Einbruchserie im Plus-Markt in der Berliner Vorstadt von Potsdam observierten die WSDWächter nächtelang das Gebäude, um im entscheidenden Moment zusammen mit der Polizei vier Täter festzunehmen. „Wir leben in unsicheren Zeiten“, sagt Bernd Felgenträger. Dass sein Unternehmen mit 400 Mitarbeitern dennoch auf sicheren Füßen steht, ist vielleicht die beste Visitenkarte der WSD.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false