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Pläne für die Blütentherme: Ist Werder verrückt?

Die noch nicht fertiggestellte Blütentherme in Werder soll sich zum Zernsee-Resort entwickeln. Was hat es damit auf sich? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Stand:

Werder (Havel) - In der jüngsten Sitzung des Badausschusses der Werderaner Stadtverordneten sind vom Hamburger Büro GBP Project neue Pläne für die Blütentherme und die Nachbarquartiere vorgestellt worden. Das Büro von der Alster ist versiert in der Planung von Hotels, Ferienresorts, Bahnhöfen und Stadtquartieren. Die GBP-Planungen für Werder fallen, wie berichtet, deutlich opulenter aus als alles, was bislang zu dem Thema zu sehen war. Was hat es mit dem neuen Zernsee-Resort auf sich? Und wird die Blütentherme jemals fertig? Eine Antwortsuche.

Was genau hat GBP geplant?

Die Blütentherme soll besonders in den Außenbereichen Zuwachs bekommen. Ein Saunasteg soll auf eine Panoramasauna im Zernsee führen. Mit einem Splashbecken sollen neue Kinderattraktionen hinzukommen, Rutschen, Sprudel und Wasserspiele, womöglich zum Thema Obst und Blüten. Außerdem ist ein baulich eingefasstes Lido-Becken geplant, wohl für Gäste, die es etwas ruhiger möchten. Rund um das Becken soll es terrassiert Gastronomiebereiche geben. Ein weiterer Gastrobereich ist in einem Leuchtturm am Eingang des Stichhafens angedacht, auch ein Dampferanleger. Zusätzlich zum Bad ist auf den Ergänzungsflächen nordwestlich ein exklusives Wohnkarree vorgesehen – mit einem überdachten Eventhafen im Atrium. Angedockt ist ein Hotel mit Aquadom und Blick aufs Splash. Südwestlich soll eine Gated Community für Senioren entstehen, mit umzäunten Einzel-, Reihen- und Gartenhäusern.

Ist Werder verrückt?

Dass sich diese Frage stellen könnte, hat selbst Bürgermeisterin Manuela Sass eingeräumt. Sie hat sie selbst so beantwortet: Das alles seien langfristige Pläne für die kommenden Jahre und Werder wolle das auch nicht alleine bauen, sondern sich Partner dafür suchen. Es handelt sich also um eine Angebotsplanung an Investoren, wobei noch unklar ist, ob die Blütentherme ein kommunaler Baustein bleibt. Dass für das fünf Hektar große Gesamtareal, auf dem die Weichen für die künftige touristische Stadtentwicklung gestellt werden, eine Gesamtplanung hermuss, ist naheliegend. Ob es diese am Ende wird, bleibt abzuwarten.

Wer hat das Ganze in Auftrag gegeben, und warum eigentlich?

Es ist nach der Trennung von der Kristall Bäder AG, mit der man sich über Kosten, Ausrichtung und Bauzeit des Bades nicht mehr einig geworden war, immer noch offen, wer Werders Therme zu Ende baut und betreibt, ob sich die Stadt neue Partner sucht und wenn ja, ob die nur den Bau, nur den Betrieb oder beides übernehmen werden. Dazu hatte das Rathaus einen Variantenvergleich als Entscheidungsgrundlage für die Stadtverordneten angekündigt und bei GBP in Auftrag gegeben. Jetzt heißt es, dass diese Frage nur im Kontext mit dem gesamten Areal mit Nachbarflächen beantwortet werden kann. Sie sind mit 25 000 Quadratmetern etwa genauso groß wie das Badgrundstück selbst. Darum wurde nun das noch recht grob gezeichnete Gesamtkonzept entwickelt, in der nächsten Sitzung des Badausschusses am 24. Juni soll es dann wieder um die Auswirkungen für die Zukunft der Blütentherme und die Varianten des Weiterbaus gehen.

Sind die neuen Pläne umsetzbar und gibt es dafür überhaupt Geldgeber?

Das Büro GBP ist angeblich dafür bekannt, auch eng mit Investoren zusammenzuarbeiten. Unternehmenschef Gerhard Geising bestätigte im Badausschuss diesen Eindruck und erklärte seine feste Überzeugung, dass alle Bausteine seines Gesamtkonzeptes vermarktbar seien und er bereits Gespräche dazu führe. Was das Bad angeht, ist bislang noch offen geblieben, was die günstigste Variante ist und ob die Stadt ohne oder mit Partner weitermacht. Einiges deutet darauf hin, dass eine enge Verzahnung aller Bausteine anvisiert ist, Hotel und Gated Community zum Beispiel ein Eintrittskartenkontingent vertraglich abnehmen und dem Bad einen finanziellen Grundstock sichern.

Was hatte der frühere Projektpartner, die Kristall Bäder AG, geplant?

Auch die Kristall Bäder AG, der bis zur Trennung die Nachbarflächen des städtischen Badgrundstückes gehörten, hatte damit große Pläne. Neben einem – offenbar größer als jetzt avisierten – Hotel sollte ein Ferienpark gebaut werden. Über die genaue Ausrichtung sollte erst nach dem Start des Badbetriebes entschieden werden – auch, um erstmal abzuwarten, von welchem Publikum die neue Therme am besten angenommen wird, wie es hieß. Die GBP-Pläne, in denen Wohnbereiche im Vordergrund stehen und das Hotel der kleinste Baustein ist, würden sich womöglich weniger stark auf den Urlauberverkehr an der neuen Hafenpromenade und auf die Gästestatistik und Tourismusumsätze des staatlich anerkannten Erholungsortes auswirken.

Was ist am Zernsee mit dem Landschaftsschutz?

Der gilt nur für den Uferstreifen, für das restliche Areal gibt es schon Bebauungspläne, seitdem 1994 die russischen Streitkräfte abgezogen sind. Zwar rührte sich lange Jahre nichts und die Natur eroberte sich viele Areale und Kasernenruinen zurück. Seitdem die Pläne für die Blütentherme vorgestellt wurden, hat sich allerdings das komplette Konversionsareal der Havelauen rasant entwickelt und es siedelten sich neuer Handel und neue Einwohner an. Was das geschützte Ufer an der Therme angeht, wollte schon die Kristall Bäder AG eine stärkere Verbindung zwischen Zernsee und Bad, das scheiterte am Naturschutz. Deshalb dürfte, was die neuen Pläne angeht, besonders die Umsetzung der Panoramasauna mit einem Steg durch den streng geschützten Uferbereich schwer umsetzbar sein.

Wann wird die Therme fertig und wann der Rest?

Das ist die große Frage. Die Planer von GBP halten es für sinnvoll, jetzt alle Bausteine in einem Zuge zu Ende zu bauen. Auch, weil niemand eine Therme besuchen möchte, die sich auf einer Großbaustelle befindet. In Werder wird man das nicht so gern hören wollen. Die zuletzt angepeilte Fertigstellung der Blütentherme im Jahr 2018 würde dann nämlich mit Sicherheit ins Wasser fallen, die Bauzeit inklusive womöglich erforderlicher Planänderungen, Vertragsabwicklungen mit Investoren, Genehmigungsverfahren und möglicher Baugrundprobleme für das Gesamtprojekt Zernsee-Resort mindestens drei Jahre, eher wohl vier Jahre betragen. Vielleicht wird der Badbau also doch vorgezogen.

Und wer entscheidet, ob die neuen Pläne alle umgesetzt werden?

Die Stadt hat die Planungshoheit, Entscheidungen zur Stadtentwicklung trifft die Stadtverordnetenversammlung. Der erste Schritt wäre eine Änderung der bestehenden  Bebauungspläne. De facto müssten Nutzungsvorgaben komplett geändert und deutlich mehr Bebauung zugelassen, womöglich sogar ein neues Bebauungsplanverfahren geführt werden. Im Badausschuss war nach der Vorstellung des Gesamtkonzepts kein klares Meinungsbild erkennbar, ein Votum gab es nicht. Spätestens der Bauausschuss wird aber per Handzeichen entscheiden müssen, ob man das Rathaus im Sinne der GBP-Pläne beauftragt, die Bebauungspläne zu ändern. Bei den weiteren Schritten zu den Nachbarflächen ist die Stadtverordnetenversammlung dann womöglich weniger stark beteiligt. Denn das Thermengrundstück gehört zwar der Stadt und hier hat sie vollen Zugriff. Die zweieinhalb Hektar großen Nachbarareale wurden bei der Trennung von Kristall allerdings fast komplett der kommunalen Wohnungsgesellschaft HWG zugeordnet. Die hätte – im Rahmen der Bebauungspläne – weite Spielräume, was Verkäufe und Vertragsabschlüsse angeht, müsste keine öffentlichen Ausschreibungen durchführen und trüge das Risiko – wobei die Stadt als Eigentümer und die Stadtverordneten im Aufsichtsrat nicht völlig außen vor stünden.

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