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Potsdam-Mittelmark: Jahr der Katze in Werder
Zahl der Fundtiere hat sich mehr als verdreifacht – besonders Katzenstreuner werden zum Problem
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Werder (Havel) - Katzenschwemme in Werder: Die Zahl der Fundtiere hat sich in diesem Jahr mehr als verdreifacht. Wurden im vorigen Jahr 29 Fundtiere über das Rathaus ans Beelitzer Pfötchenhotel vermittelt, so waren es in diesem Jahr fast 100. Hauptproblem ist die zunehmende Zahl wildlebender Katzen, wie es aus dem Rathaus heißt. „Wir sind bemüht, Herr der Lage zu bleiben“, sagt die zuständige Fachbereichsleiterin Annette Große. Die Fundtierbetreuung ist Pflichtaufgabe der Kommunen, gemeinhin schließen sie dazu Verträge mit Tierheimen ab.
Aus dem Beelitzer Pfötchenhotel, das auch Fundtiere aus Potsdam, Nuthetal und Niemegk betreut, wird bestätigt, dass das Problem mit wildernden Katzen in Werder besonders groß war. „Es hat etwas mit ländlichen Struktur und der Lage an der Autobahn zu tun“, sagt Katja Stephan von der Geschäftsleitung des Pfötchenhotels. Unliebsame Katzen würden am Straßenrand oder Parkplatz „entsorgt“. Hinzu komme, dass es sich um ein besonders fruchtbares Katzenjahr gehandelt habe. „Wir haben mehrmals wildernde Katzen mit zwölf Welpen aufgenommen, das kommt sonst nur sehr selten vor.“ Vor allem im Herbst sei sehr viel los gewesen.
Ältere herrenlose Hauskatzen würden sich kaum wieder an Menschen gewöhnen, sagt Stephan. Viele der Tiere lebten deshalb immer noch im Pfötchenhotel. Die Katzen würden kastriert und, wenn möglich, in der Nähe von Futterstellen von Tierschützern wieder ausgesetzt. Das Pfötchenhotel arbeite dabei eng mit der Tierauffangstation in Neu Plötzin zusammen. Über 50 verwilderte Katzen sind in diesem Jahr allein durch die Station kastriert worden. Währenddessen seien die Katzenwelpen vom Pfötchenhotel durchweg an neue Halter vermittelt worden.
Der Berliner Katzenschutz-Verein mit seinem Heim in Glindow fordert wegen des Streunerproblems schon seit Jahren eine Kastrationspflicht für zahme Freigängerkatzen. „Sonst wird es immer potente Kater geben, die wildlebende Katzen decken“, sagt Heimleiter Harry Kindt. Auf Bundesebene lässt sich die Kastrationspflicht kaum durchsetzen, ein entsprechender Antrag von SPD und Grünen wurde erst vor drei Wochen vom Landwirtschaftsausschuss des Bundestags abgelehnt. Schwarz-Gelb verweist auf die Länderhoheit. Doch nicht nur die Grünen mahnen, dass in Deutschland südosteuropäische Verhältnisse drohen. Harry Kindt setzt nun, wie viele andere Tierschützer, auf Länder und Kommunen: So hat Paderborn die Kastrationspflicht vor zwei Jahren eingeführt und erste Erfolge zu verzeichnen.
In Glindow wurden dieses Jahr rund 300 verwilderte Katzen, auch aus Berlin und Südbrandenburg, kastriert. Für Tierquälerei hält Kindt das nicht. „Wenn Kater keinen räudigen Katzen mehr hinterherrennen müssen und die Revierkämpfe aufhören, leben sie gemütlicher.“ Weit über 100 Streuner allein aus der Region Werder wurden im Jahresverlauf aufgenommen, ein Drittel mehr als im vergangenen Jahr. Die ersten Babys und trächtigen Mütter seien schon im April aufgetaucht. „Ich weiß nicht, wo die alle herkamen“, sagt Kindt. Mit 62 Kitten und 90 Katzen ist man derzeit fast an der Kapazitätsgrenze, auch weil dieses Jahr weniger Katzen vermittelt werden konnten als in der Vergangenheit. Und wie immer gilt ab Mitte Dezember ein Vermittlungsstopp, damit keine Tiere unterm Weihnachtsbaum landen, um womöglich wieder ausgesetzt zu werden. „Wir wollen das Elend nicht vergrößern.“ Henry Klix
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