Von Hagen Ludwig: Jahrgang 2010 wird eine Rarität
Nach den Wetterkapriolen gibt es diesmal nur 20 000 Flaschen jungen Wein vom Werderaner Wachtelberg
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Werder (Havel) - Bis zum August 2010 sahen die Rebstöcke auf dem Werderaner Wachtelberg noch super aus. Der Wein des Jahrgangs 2010 schien nach dem warmen Juli prächtig zu werden. Dann plötzlich Regen, wochenlang. Winzer Manfred Lindicke musste tatenlos zusehen, wie die Trauben platzten. Zwei Drittel des erwarteten Ertrages verfaulten auf dem Berg. Mengenmäßig wurde es die schlechteste Lese seit 1995. Nur etwa 20 000 Flaschen wird der Qualitätswein des neuen Jahrgangs füllen – in einem normalen Jahr sind es 60 000. Eine ernüchternde Bilanz für Weinbergbetreiber Manfred Lindicke, doch er trägt die Wetterkapriolen mit Fassung. „Als erfahrener Obstbauer muss man wissen, dass es auch solche Jahre gibt, in denen die Rechnung nicht aufgeht. Da muss man durch“, sagt er.
Der Werderaner Wein des Jahrgangs 2010 wird also eine Rarität. Oberste Prämisse bei Lese und Ausbau sei gewesen, dass die Qualität nicht leiden dürfe, so Lindicke. Gemeinsam mit den erfahrenen Kellermeistern des sachsen-anhaltinischen Landesweingutes Kloster Pforta hat er in den vergangenen Wochen aus den besten Trauben vom Wachtelberg interessante Weine ausgebaut. Offiziell vorgestellt werden sie auf der traditionellen Brandenburger Jungweinprobe, die am kommenden Montag im Schloss Stechau stattfindet.
Die wenigsten Verluste hat es bei der Weißweinsorte Saphira gegeben. Oft wird sie auch als brandenburgischer Riesling bezeichnet. Tatsächlich handelt es sich um die Kreuzung eines Rieslings mit einer besonders pilzresistenten Sorte, die 1978 im Institut für Rebenzüchtung Geisenheim vorgenommen wurde. Aus dem Jahrgang 2010 vom Wachtelberg haben die Kellermeister einen trockenen Weißwein reifen lassen. „Der Saphira hat eine interessante Säure und ein sehr feines Aroma“, sagt Lindicke. Deshalb verwende er ihn auch gern für die Sektherstellung.
Zu empfehlen ist ebenso der trockene Sauvignon Blanc, den Werders Winzer erstmals zur Jungweinprobe 2007 vorgestellt hat. Traditionell vor allem in Frankreich oder Neuseeland beheimatet, ist dieser Weißwein mit seiner blumig-fruchtigen Note in Werder wohl schon ein Vorbote des Klimawandels. In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass er auch auf dem sich schnell erwärmenden märkischen Sandboden gut gedeiht.
Einige bekannte Sorten wird es nach der sehr durchwachsenen Lese vom Jahrgang 2010 jedoch diesmal nicht geben. Der weiße Müller-Thurgau – er gilt als der Klassiker vom Wachtelberg – konnte erstmals nur halbtrocken reifen. Zudem wurden die wenigen gelesenen roten Trauben ausschließlich zum beliebten Rosé-Wein ausgebaut. Rotwein des Jahrgangs 2010 kann somit nicht angeboten werden. Das sei laut Lindicke jedoch zu verschmerzen, denn im Lager liegen noch die trockenen Rotweine der Sorten Dornfelder und Regent aus den Jahren 2008 und 2009: „Sie wurden teilweise im Holzfass ausgebaut und haben mit der Lagerung noch an Qualität gewonnen.“
In Werder können die neuen Weine erstmals zum traditionellen großen Osterfeuer am 23. April ab 18 Uhr auf dem Wachtelberg probiert werden. Zudem gibt es Live-Musik, Havelfisch sowie Leckeres vom Grill und aus der Gulaschkanone. Auch zum Werderaner Blütenfest vom 30. April bis zum 8. Mai hat die Straußwirtschaft „Weintiene“ auf dem Wachtelberg geöffnet.
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