Potsdam-Mittelmark: James Bond hat es vorgemacht
350 Teilnehmer beim Pokerturnier gestern in Kleinmachnow – das Kartenspiel boomt
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Kleinmachnow - Die Atmosphäre ist gespannt. Zehn Männer haben sich um einen ovalen Tisch platziert. Niemand redet. Vor sich haben die Spieler ihre Jetons ordentlich aufgestapelt, manche lassen einen ihrer Stapel in Sekundenabständen aus den Händen niederprasseln. Finger klopfen rhythmisch auf den Tisch oder schieben sich nervös über den grünen Samt, während die andere Hand auf den Karten ruht. Einer versucht, im Gesicht seines Gegenübers zu lesen, dieser blickt nach unten, will sich nichts anmerken lassen. Ein anderer bewegt den Stiel seines Lollys zwischen den Lippen.
Es wird Poker gespielt, genauer: „Texas Hold''em“. Jeder Spieler muss aus seinen beiden Karten und drei der fünf Gemeinschaftskarten, die der Croupier nacheinander aufdeckt, ein möglichst hohes Blatt bekommen. Ort des Geschehens ist nicht etwa ein Spielcasino in Las Vegas oder ein Saloon im Wilden Westen, sondern einer der Tagungsräume im NH Hotel Kleinmachnow. Die German Poker Players Association (GPPA) hat an diesem Sonntag Kartenfans zu gleich zwei Turnieren an den Teltowkanal eingeladen: Zum einen geht es um die Qualifikation zur Stadtmeisterschaft, in der die zehn besten aus Berlin gegen Teams aus vier anderen Städten spielen werden. Zum anderen zocken die Spieler um die Teilnahme am Finale der Deutschen Pokermeisterschaft im April. Darüber hinaus gibt es Sachpreise und Pokale.
Es wird geschoben, gesetzt, mitgegangen und ausgestiegen, bis schließlich nur noch zwei Männer im Spiel sind. Der eine heißt Sebastian Thielicke und kommt aus Berlin. Der 24-Jährige verzieht während des Spiels keine Mine. Als die fünfte Gemeinschaftskarte aufgedeckt wird und damit die dritte Sechs auf dem Tisch erscheint, sagt er trocken „All in!“, und schiebt siegessicher seinen gesamten Vorrat an Spielchips in die Mitte des Tisches. Sein Gegenspieler zieht skeptisch nach. Beide müssen nun ihre Karten aufdecken: Thielicke gewinnt mit zwei Assen, die kombiniert mit den drei Sechsen ein „Full House“ ergeben. Für den Verlierer ist das Spiel vorbei, er steht auf und verlässt die Runde.
An 20 Tischen spielen sich die gleichen Szenen ab. Manche Spieler tragen Sonnenbrillen oder haben das Basecap tief ins Gesicht gezogen, andere haben Kopfhörer aufgesetzt und lassen sich von Musik beruhigen. So wird es schwieriger, den Gegner einzuschätzen - blufft er nur, oder hat er tatsächlich ein hohes Blatt? Es gibt auch entspannte Unterhaltungen.
Die meisten hier haben sich ihre ersten Sporen im Internet verdient. Auf der Seite Everestpoker.net. kann man das Spiel lernen und sich online mit Leuten auf der ganzen Welt messen. „4000 Spieler sind mittlerweile pro Stunde dabei“, sagt Everest-Pressesprecher Olaf Schimpf. Das Unternehmen gehört zu den Sponsoren des Städteturniers. Seit ihrer Eröffnung vor drei Jahren hat die Internetseite Poker in Deutschland salonfähig gemacht. „Der neue James Bond-Film Casino Royale war auch eine gute Werbung: 45 Minuten wird darin nur gespielt“, lacht Schimpf. Ein weiterer Beleg für die wachsende Fangemeinde sind die Teilnehmerzahlen auf den vielen Turnieren. Allein heute sind über 350 Leute zusammengekommen.
Immer wieder werden Spieler an andere Tische dirigiert, an denen sich die Reihen gelichtet haben. Wer gehen muss, bekommt dennoch anerkennenden Applaus. Im Verlaufe des Nachmittags brechen sich die Emotionen Bahn: Schweißperlen rollen über die Gesichter, Blicke verfinstern und entspannen sich wieder. Ein Spieler bricht in laute Jubelrufe aus, während ein anderer sein Missfallen über ein unglückliches Blatt ebenso leidenschaftlich bekundet.
Das Bild Zigarrenrauch geschwängerter Luft und schummerigem Lichtes ist für GPPA-Gründer Horst Koch ein untragbares Klischee, er will ein positives Bild eines seriösen Sportes vermitteln. Seit 1998 veranstaltet er Pokerturniere in ganz Deutschland, „anfangs bin ich mit nur einem Tisch herumgereist, an dem fünf Leute Platz nahmen“. Mittlerweile sei die Nachfrage so groß, dass er sich ein Turnier mit 50 Tischen, Zuschauerrängen und Fernsehübertragung vorstellen könne – hier in der Region. Th. Lähns
Th. Lähns
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