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Wasserqualität in Potsdam-Mittelmark: „Jeder 20. Brunnen ist belastet“

Der Physiker Harald Gülzow über die Nitratwerte in Werder und Möglichkeiten, die Wasserqualität im eigenen Garten zu verbessern.

Stand:

Herr Gülzow, Sie stehen am 31. Juli von 9 bis 11 Uhr mit Ihrem Labormobil auf dem Marktplatz in Werder. Was tun Sie dort?

Bürger können Proben ihres Brunnenwassers zu uns bringen, die wir dann gegen eine Kostenbeteiligung von zwölf Euro vor Ort auf ihren Nitrat-, Säure- und Salzgehalt untersuchen. Dafür sollten sie uns das Wasser abgefüllt in einer 0,5-Liter-Flasche mitbringen. Ab 11.30 Uhr gibt es dann die Ergebnisse. Es gibt auch die Möglichkeit, das Wasser auf weitere Stoffe wie Eisen, Phosphat oder Bakterien untersuchen zu lassen. Das dauert aber mehrere Wochen und kostet je nach Umfang zwischen 19 und 79 Euro. Wir bieten an, dass wir den Personen das Ergebnis dann per Post schicken.

Was erfahren die Bürger bei der Untersuchung im Labormobil?

Sie erfahren, ob sich das Wasser beispielsweise zum Pflanzengießen oder zum Befüllen eines Planschbeckens für Kinder eignet. Es kann aber auch festgestellt werden, ob das Wasser zum Trinken oder zum Befüllen eines Teiches geeignet ist.

Wie untersuchen Sie das Brauchwasser?

Je nach untersuchtem Parameter gibt es verschiedene Messmethoden: Für die Nitratuntersuchung geben wir Chemikalien ins Wasser, die zu einer Färbung führen. An der Intensität der Farbe können wir die Nitratkonzentration mit einem Photometer auswerten. Den Salzgehalt messen wir elektrisch anhand der Leitfähigkeit des Wassers. Für den pH-Wert ist die Spannung an einer Membran entscheidend. Anhand dieser lässt sich auch erkennen, ob das Wasser mit Schwermetallen belastet sein könnte.

Wodurch entstehen erhöhte Nitratwerte?

Nitrat ist ein Bestandteil des Düngers. In landwirtschaftlich besonders stark genutzten Regionen gelangen somit höhere Mengen dieses Stoffes in den Boden. Besonders der ungezügelte Einsatz von Gülle und Gärresten auf Ackerflächen kann zu hohen Belastungen führen. Positiv in der Region Werder ist der verbreitete Obstanbau. Obstbäume haben tiefliegende Wurzeln und können somit mehr Nährstoffe aus dem Boden ziehen.

Wie waren die Werte, die Sie in den vergangenen Jahren in Werder gemessen haben?

Im Raum Werder war jeder 20. Brunnen mit Nitraten von über 50 Milligramm Nitrat pro Liter belastet. Das ist im bundesweiten Vergleich nicht so viel. In einigen Gegenden Deutschlands, etwa in Teilen Sachsen-Anhalts, überschreiten mehr als die Hälfte der Brunnen diesen Wert. Ein größeres Problem stellen in Werder bakteriologische Belastungen dar. Hier war jeder vierte Brunnen betroffen.

Wodurch kann das Brunnenwasser sonst noch verunreinigt werden?

Durch defekte Abwasseranlagen oder Starkregen können Bakterien und Krankheitserreger ins Grundwasser gespült werden. Diese schränken die Nutzung stärker ein als die im Raum Werder vorhandene Nitratbelastung. Gerade wenn Kinder mit dem Wasser spielen, es getrunken oder zum Waschen genutzt wird, muss eine bakteriologische Belastung ausgeschlossen werden.

Der viele Regen in diesem Sommer ist also schlecht für die Brunnenwasserqualität?

Unsere Erfahrung zeigt, dass gerade starke und häufige Regenfälle sich negativ auf die Qualität des geförderten Brunnenwassers auswirken. Gerade bei den älteren und selbst gebohrten Brunnen kommt es oft im Brunnenbereich zu Oberflächenwassereinträgen. Hierdurch werden Belastungen in den Brunnen gespült.

Was kann ich tun, wenn die Labormitarbeiter in meinem Wasser erhöhte Nitrat-, Säure- oder Salzwerte feststellen?

Sie können unmittelbar nichts tun, sollten aber wissen, wie Sie Ihr Wasser verwenden können. Wenn Sie erhöhte Nitratwerte im Wasser haben, gibt es beim Gießen einen Düngungseffekt. Sie sollten dann die Düngermenge für Ihre Pflanzen reduzieren. Hierfür stellen wir vom VSR-Gewässerschutz gern Tabellen zur Verfügung, in der Sie die erforderlichen Mengen für Ihren jeweiligen Nitratgehalt im Wasser ablesen können. Bei erhöhtem Säuregehalt sollten Sie wissen, welche Pflanzen dadurch Schaden nehmen könnten und diese dann mit Regenwasser gießen. Bei erhöhten Salzwerten ist das Wasser nicht zum Gießen geeignet.

Drohen Gesundheitsgefahren, wenn ich mit Wasser, das mehr als 50 Milligramm Nitrat pro Liter aufweist, mein Planschbecken befülle?

Wenn die anderen Parameter – Salzgehalt, pH-Wert, Bakterien- und Schwermetallbelastung – unbedenklich sind, dann nicht. Das Wasser eines solchen Beckens sollte allerdings spätestens alle drei Tage gewechselt werden. Und bei größeren Pools sollten Sie Pflegeprodukte zusetzen, damit es nicht zu Algenwachstum kommt.

Was können Bürger tun, damit die Schadstoffbelastung im Wasser langfristig sinkt?

Wichtig ist, dass die Düngermenge immer an die Menge der Pflanzen angepasst ist. Sie sollten Ihren Brunnen pflegen und überschüssiges Regenwasser nicht direkt hineinleiten. Nicht benötigtes Regenwasser sollte am besten versickert werden. Dabei wird es vom Boden gereinigt und kann das Grundwasser verbessern.

Wie reinigt der Boden das Wasser?

Wie der Prozess genau abläuft, ist tatsächlich noch nicht vollständig erforscht. Wir wissen, dass das Mineral Pyrit beim Nitratabbau im Grundwasser eine wichtige Rolle spielt. Wir wissen aber nicht, wie viel davon im Boden vorhanden sein muss. Deswegen können wir den Reinigungsprozess auch nicht künstlich steuern oder vorhersehen. Was wir zum Beispiel wissen, ist, dass beim Nitratabbau mittels Pyrit Eisen freigesetzt wird. Wenn das Wasser einen hohen Eisen- und niedrigen Nitratgehalt hat, funktioniert der Nitratabbau offenbar gut.

Das Gespräch führte Julia Frese

Harald Gülzow, 62, ist Diplom-Physiker und arbeitet seit 32 Jahren beim VSR-Gewässerschutz. Der Verein bietet mit seinem Labormobil Wasseranalysen für Privatleute in ganz Deutschland an.

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