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Geschäftig. Ein Dutzend Supermärkte gibt es schon in Teltow, zwei neue werden gebaut. Noch soll sich der Supermarktboom rechnen, sagt der Handelsverband.

© Tobias Reichelt

Stadtentwicklung: „Jeder neue Markt ist zu viel“

Ein Discounter schließt, zwei neue öffnen: Viele Teltower haben genug von immer neuen Supermärkten.

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Teltow - Zwei Hände reichen nicht. Claudia Firnkes steht vor dem Penny-Supermarkt in Teltow und zählt sie alle durch, die vielen Märkte in der Stadt. Es sind zwölf – noch. Einer soll schließen, aber zwei neue sind schon in Arbeit. Macht dreizehn. „Ich finde das nicht gut“, sagt die junge Frau und zieht ihren Hund im Schneegestöber vor dem Markt in der Schönower Straße an sich heran.

Die Baustelle für einen neuen Rewe-Markt ist gleich nebenan. Eröffnung im Frühjahr, steht auf einem Schild. Der nächste Lidl wirbt damit, 800 Meter entfernt zu sein. Das Warenangebot in Teltow ist groß, die Wege sind kurz. Trotzdem wird weiter gebaut. „Überall diese Supermärkte, das verschandelt doch die Gegend“, meint Firnkes. Man trete aus dem Haus und sehe nur Geschäfte, Geschäfte, Geschäfte, und dazu noch Tankstellen und Drogerien.

Ein Supermarkt nach dem anderen, oft nebeneinander. Das lässt nicht nur viele Teltower den Kopf schütteln, sondern jetzt auch Stadtpolitik und Verwaltung. Die Anzahl der Supermärkte in der Stadt sei ausreichend, teilte Rathaussprecherin Andrea Neumann auf Anfrage gegenüber den PNN mit. Der Bedarf sei gedeckt. Und auch Teltows Bauausschusschef Helmut Tietz (SPD) ist jeder neue Markt zu viel: Mit ihren Hallenbauten veränderten die Ketten das Stadtbild – nicht immer zum besseren. Außerdem besetzten die Discounter Gewerbeflächen, auf denen andere Firmen für hochwertige Jobs sorgen könnten. „Weitsichtige Stadtplanungspolitik ist das nicht“, findet Tietz.

Doch das Problem ist hausgemacht: Ein Einzelhandelskonzept, ein Instrument, mit dem man das Supermarktwachstum steuern könnte, hat Teltow nicht. Wo einmal Flächen für Gewerbe freigegeben wurden, darf gebaut werden. Zudem gehören die Grundstücke fast immer Privaten. So auch im Fall des neuen Edeka-Supermarktes, der in der Mahlower Straße entstehen soll. Zu DDR-Zeiten war auf dem Areal neben der Jet-Tankstelle eine Fleischerei untergebracht, jetzt soll das alte Haus weg, ein Markt mit über 100 Parkplätzen entstehen.

Dem Teltower Heiko Baumert ist das Angebot längst zu groß. „Hier braucht man nur aus der Tür fallen und schon ist man da“, sagt Baumert. Er schiebt seinen Sohn im Kinderwagen durch die Stadt – vorbei an den Discountern. Dass all die Märkte überleben, wundert ihn.

Die großen Ketten rechneten sich ihre Investition genau durch, sagt Christine Minkley, Regionalleiterin beim Handelsverband Berlin-Brandenburg. Mitbewerber, Städtewachstum, Kaufkraft, Einwohner- oder Arbeitslosenzahl: Die Discounter haben Expansionsabteilungen. „Erst wenn sie ausreichend Potenzial sehen, wird gebaut.“ Wenn ein Laden leergezogen werden muss, kümmerten sich die Ketten selbst um Nachmieter.

„Es ist nicht unsere Aufgabe, in den Wettbewerb einzugreifen“, sagt Minkley. Teltow ziehe auch Geld aus seinen Märkten, die Gewerbesteuer. Trotzdem rät sie der Stadt zu einem Einzelhandelskonzept. Es könnte das Supermarktwachstum steuern. Vor allem bei den Discountern bleibe der Einfluss aber gering, erst ab einer Verkaufsfläche von 800 Quadratmetern kann die Stadt eingreifen. Discounter seien meist etwas kleiner.

Bislang steht in Teltow erst ein Markt leer. Ende Januar schließt ein weiterer, ein Netto in der Potsdamer Straße. Neu gebaut wird für Rewe und bald auch für Edeka. Weitere Pläne für neue Märkte sind im Teltower Rathaus nicht bekannt, sagt Sprecherin Neumann.

Karl Klemke hofft, dass es so bleibt. „Das ist alles zu viel“, sagt der Rentner beim Verstauen seiner Einkäufe. „Das muss nicht sein.“ Auch in den Nachbarkommunen Kleinmachnow und Stahnsdorf gebe es genug Supermärkte. „Die sind oft leer“, sagt Klemke. „Vor zehn Jahren sind wir doch auch nicht verhungert.“

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