Potsdam-Mittelmark: Kaffee oder Tee?
Wurf mit Heißgetränk soll Kontrahentin verbrüht haben
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Wurf mit Heißgetränk soll Kontrahentin verbrüht haben AUS DEM GERICHTSSAAL Von Gabriele Hohenstein Caputh/Potsdam. „Begraben Sie das Kriegsbeil, oder toben Sie sich zivilrechtlich aus“, rät Amtsrichterin Waltraud Heep den Streithühnern am Ende der Verhandlung. Die sind offensichtlich nicht bereit, dem weisen Rat zu folgen, senden böse Blicke in die Richtung ihrer jeweiligen Kontrahentin. Die Zeugen der strittigen Parteien hätten wohl zu gerne ausgesagt, sehen sich nun um das Vergnügen geprellt, ihre Beobachtungen kundzutun. Das Gericht stellt das Verfahren gegen Anneliese A.* wegen gefährlicher Körperverletzung, Beleidigung und Sachbeschädigung auf Kosten der Staatskasse ein. Zur Vorgeschichte: Anneliese A. (63) weilte am 10. August vorigen Jahres bei einer Bekannten in Caputh zu Besuch. Sie schlief samt ihren Hunden in der zu einem Gästezimmer umfunktionierten Waschküche des Zweifamilienhauses, um die offensichtlich seit Jahren ein erbitterter Streit tobt. Sowohl die Bekannte als auch die zweite Bewohnerin des Hauses namens Luise B.* erheben Anspruch auf die Räumlichkeit. Als deren Vierbeiner an besagtem Morgen in die ehemalige Waschküche sprang, um mit den Tieren von Anneliese A. zu spielen, soll es zu einem ominösen Vorfall gekommen sein, der jetzt das Gericht beschäftigte. Da sich Luise B. nach einem Herzinfarkt schonen soll, führt die Nachbarin Charlotte C.* seit einiger Zeit den Hund der Rekonvaleszentin Gassi. Der nutzte an besagtem Morgen die Gelegenheit, durch das offene Waschküchenfenster zu springen und sich „dünnezumachen“. „Anneliese A. hat den Hund festgehalten“, ist sich Charlotte C.* (60) sicher, vermutet eine Intrige der Frau, um die Hundebesitzerin zu ärgern. Doch damit nicht genug. Plötzlich habe Anneliese A. in der Tür des Waschküchen-Gästezimmers gestanden und eine Tasse brühheißen Kaffees auf sie geworfen. Zudem habe sie sie als Mistvieh und Krücke bezeichnet. Nein, ein ärztliches Attest über ihre Verletzungen habe sie nicht, räumt Charlotte C. im Zeugenstand ein. „Es war Sonntag, und ich musste zur Arbeit.“ Ihr Schwiegersohn könne allerdings bestätigen, dass sie hässliche rote Flecke am Hals hatte und das T-Shirt verdorben war. Der Zoff um die Waschküche ist der Angeklagten Anneliese A. egal. Sie war an jenem Sonntagmorgen vermutlich Opfer der Besitzansprüche der zwei Hauseigentümerinnen. „Als ich aufstehen wollte, war die Tür verrammelt“, erinnert sie sich. „Ich kletterte aus dem Fenster.“ In diesem Moment sei ein Hund angerannt gekommen und in den Raum gesprungen. „Haben Sie der Geschädigten nun heißen Kaffee über die Brust geschüttet und sie beleidigt?“, fragt die Vorsitzende entnervt. Anneliese A. verneint. „Ich habe ich an diesem Tag Tee getrunken.“ Als das vermeintliche Opfer auftauchte, sei die Tasse längst leer gewesen. Von Beschimpfungen könne ebenfalls keine Rede sein, beteuert die Angeklagte. Die Richterin konstatiert: „Die Verletzungen der Geschädigten sind nicht objektiv dokumentiert worden.“ Von gefährlicher Körperverletzung – wie angeklagt – könne man nach Abschluss der Beweisaufnahme wohl nicht mehr ausgehen. „Ich kann nur an beide Seiten appellieren, diesen Kleinkrieg zu beenden.“
Gabriele Hohenstein
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