zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: Kahlschlag oder Landforstgut?

Gegen den Eigentümer des Petzower Waldes wächst das Misstrauen

Stand:

Werder · Petzow - Es sieht aus, als wäre ein Wirbelsturm durch diesen Wald gepfiffen: Dicke alte Linden lehnen sich abgeknickt an ihre Nachbarn. Überall, auch auf den Wegen verstreut, Äste und Stämme. Manche Bereiche sind so ausgelichtet, dass von Wald kaum noch die Rede sein kann. Uralte Eichen sind verschwunden. Auf den zweiten Blick erkennt man die Spuren der Kettensäge.

Wie derzeit mit dem Petzower Wald umgegangen wird, gefällt dem Ortsbeirat überhaupt nicht. Und bei einer Vor-Ort-Begehung auf dem Kesselberg wurde es so unwegsam, dass Ortsbürgermeister Bernd Hanike (Freie Bürger) höchstpersönlich stürzte. Das hat Symbolkraft, denn die Ortspolitiker hatten mit diesem Wald besseres vor: Er sollte die touristische Entwicklung des Ortes begleiten. Um das Jahr 2000 war hier zwei Jahre lang eine ABM-Truppe mit 20 Leuten tätig. Wege wurden angelegt, Geländer an Hängen gebaut, das Unterholz zu Naturwällen zusammengefügt, damit der Mülltourismus aufhört. Am „Großen Stern“, einem alten Wegekreuz, wurden Bänke aufgestellt, die jetzt verwachsen sind.

Auch die damals angelegten Wege sind – besonders auf dem Kesselberg – nur noch fragmentarisch vorhanden, viele Bereiche durch schweres Gerät zerstört oder durch Holzabfall kaum zu betreten. Selbst Wildwechsel ist hier kaum noch möglich, meint Jagdbetreuer Walter Ihl. Betroffen ist auch der alte, breite Kastanienweg, von dem man eigentlich die Glindower Alpen erreichen soll.

In Auftrag gegeben hat die Fällarbeiten Ullrich Mikulla, der zwischen Ferch und Petzow etwa 300 Hektar Wald verwaltet, die seine Ehefrau von der Treuhand erworben hat. Im Ortsbeirat kann man sich erinnern, wie Mikulla vor zwei Jahren sein Projekt für einen Europawald an der Löcknitz-Halbinsel am Schwielowsee vorstellte. Überall sollten „Inseln“ mit Baumgruppen aus verschiedenen Teilen Europas entstehen. Letzten Sommer waren hier stattdessen dicht frequentierte Waldwege unpassierbar geworden. Dem Bild des Waldliebhabers, das Mikulla damals abgab, möchte man im Petzower Ortsbeirat nicht mehr trauen. „Nutzholz, das sich gut verkaufen lässt, raus und den Rest liegen lassen“, wurde bei dem Vor-Ort-Termin über Mikullas Ziele gemutmaßt. Und sogar, dass hier „auf die harte Tour“ Bauland geschaffen werden soll.

Dem widersprach Mikulla auf PNN-Anfrage. Sein Waldumbau sei eben eine langfristige Angelegenheit – wie die beauftragten Forstbetriebe das in Angriff nehmen, würde ihm auch nicht immer gefallen. Dennoch, die Richtung sei richtig: Und dass Baumkronen nach dem Fällen „als Dünger“ liegen bleiben, sei heute üblich.

„Ein Wald muss alle zehn Jahre ausgelichtet werden, in der DDR ist Jahrzehnte nichts passiert.“ Mikulla rechnet damit, dass bald wieder ein vernünftiger Robinenbestand am Kesselberg aufwachsen wird. Eine Lorenbahn und ein Wildgehege sollen entstehen. Als Jagdrevier „Landforstgut“ vermarktet Mikulla seinen Wald schon im Internet. Und auch an der Idee seine Europawalds an der Löcknitz hält er fest. Im Gärtnerhaus im Petzower Park solle es sogar ein Jagdmuseum geben. Auch der Name Axel Hilpert fällt: Mit dem Petzower Hotelinvestor möchte Mikulla bei der Entwicklung der Löcknitz eng zusammenarbeiten. Hilpert plant hier – im Landschaftsschutzgebiet – den Bau von 40 „märkischen Ferienhäusern“.

Ullrich Mikulla, früher Gaststättendirektor der DDR-Handelsorganisation HO in Potsdam, räumt ein, dass er kein gelernter Forstwirt ist und sich auf die „Beratung durch Fachleute“ verlasse. Ob er die richtigen Berater hat, ist eine Frage, die man sich inzwischen auch in der Oberförsterei Ferch stellt. Sie ist die Aufsichtsbehörde für das Waldareal. Wegen eines Kahlschlags zwischen Ferch und Kammerode sei bereits ein Ordnungswidrigkeitsverfahren geführt worden, sagt Oberforstrat Holger Hendtke.

Auch Gespräche habe es gegeben, kritisch würden die Fällaktionen am Kesselberg und an der Löcknitz begleitet. „Mittlerweile ist das alles hart an der Grenze dessen, was laut Waldgesetz möglich ist“, sagt Hendtke. Und auch wenn sich waldwirtschaftlich gegen Robinien nichts einwenden ließe – den Zielen des Waldumbaus entspricht der Baum nicht. „Das Holz ist sehr gefragt, aber Robinienwälder brauchen auch viel Pflege und Geld.“ Ullrich Mikulla hat viel zu tun, um das Misstrauen abzubauen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })