
© Hagen Ludwig
Potsdam-Mittelmark: Kaiserapfel neben Pastorenbirne
Eine Streuobstwiese soll in Töplitz an die Tradition als Kirscheninsel erinnern
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Werder (Havel) - Nichts ist mehr zu sehen von dem, was einst den Ruf der Kirscheninsel Töplitz begründete. Nur vereinzelt noch ein paar knorrige Obstbäume am Wegesrand – ansonsten stehen Mais, Raps und Roggen dort, wo auf gar nicht so alten Karten noch Obstplantagen eingezeichnet sind.
Ortsvorsteher Frank Ringel will diese Entwicklung nicht verteufeln. Er weiß, dass der Obstbau auf den meist trockenen sandigen Töplitzer Böden zu DDR-Zeiten nur mit viel Aufwand lief. Schöpfwerke pumpten unaufhaltsam das notwendige Wasser aus der Havel und dem Sacrow-Paretzer Kanal. Doch Ringel erinnert sich auch gern an die Schülereinsätze bei der Kirschenernte, und er ist froh darüber, dass mit einem Projekt des Landschaftspflegevereins Potsdamer Kulturlandschaft jetzt an die Obstbautradition erinnert werden soll.
Auf einem sehr schönen und vier Hektar großen Areal am Heidberg in Neutöplitz werden derzeit 250 neue Bäume für eine Streuobstwiese gepflanzt. Vertreten ist fast alles, was sich in vielen Jahrzehnten einen guten Namen bei den Obstbauern erworben hat. Da steht der nach Kaiser Wilhelm benannte Apfel neben der Pastorenbirne und der legendären Werderaner Süßkirsche „Kassins Frühe“ – insgesamt zehn verschiedene Sorten, die es zu erhalten gilt.
Grundstücksbesitzer Ulfried Zinnow blickt am Mittwoch sichtlich zufrieden auf die Pflanzarbeiten. Bisher standen dort noch alte Süßkirschbäume, deren Zeit zumeist jedoch abgelaufen ist. Sie werden größtenteils gerodet. Zehn Prozent bleiben vorerst stehen als sogenannte Hüllenbäume – als Platzhalter, bis die jungen Bäume kräftig und ertragreich geworden sind. „Der Heidberg ist im Vergleich zu anderen Flächen ideal für den Obstbau“, sagt der Töplitzer Biobauer, der selbst auch Mitglied des Landschaftspflegevereins ist. Der Berg ist begrenzt von Feuchtgebieten, seine Kuppe ist nach Süden hin abgeformt.
Und nicht zuletzt führt der von Touristen viel genutzte Töplitzer Rundwanderweg fast unmittelbar vorbei. Das passt zum Konzept des Landschaftspflegevereins. „Wir wollen dort Schnittseminare, Naturführungen und Selbstpflücke anbieten“, kündigt der stellvertretende Vereinsvorsitzende Jan Bornholdt an. Der Landschaftspflegeverein hat in den vergangenen Jahren im Zuge von Ausgleichsmaßnahmen schon mehrere Streuobstwiesen angelegt – unter anderem im Potsdamer Ortsteil Golm. „Die Erfahrung zeigt, dass diese Flächen schnell von den Anwohnern angenommen werden“, sagt Bornholdt.
Das Töplitzer Projekt wird gefördert mit Geld der Europäischen Union und kofinanziert vom Land und dem Naturschutzfonds Brandenburg. Die neuen Bäume werden über mehrere Jahre von einer Fachfirma gepflegt und anschließend durch den Landschaftspflegeverein erhalten und genutzt. Hinzu kommt ein sogenanntes biologisches Monitoring – dabei wird genauestens registriert, wie sich Flora und Fauna auf der neuen Streuobstwiese entwickeln. Bauer Zinnow wird die Fläche zwischen den Bäumen mähen oder eventuell auch mit Schafen beweiden.
Vereinsvorsitzender Dieter Dörflinger hofft nun, dass demnächst weitere solche Streuobstwiesen im Havelland entstehen – als „Merkposten und grüne Inseln“, wie er sagt. Gesucht werde nach weiteren interessierten Grundstücksbesitzern. So könnte sich Dörflinger sehr gut am Werderaner Obstpanoramaweg zwischen Glindow und Derwitz Streuobst vorstellen. Mit Beginn des Baumblütenfestes am kommenden Samstag wird dort wieder Hochbetrieb herrschen. Hagen Ludwig
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