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Potsdam-Mittelmark: Kapital für Kemnitz

Mit dem Geld der Unternehmerfamilie Fox soll die touristische Infrastruktur von Kemnitz ausgebaut werden

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Werder (Havel) - Mit dem Geld einer ortsansässigen Kaufmannsfamilie soll das Dörfchen Kemnitz touristisch aufgewertet werden. Landschaftsarchitekt Josch Bender aus Werder hat am Mittwochabend Pläne für den Bau zweier Tennisplätze und touristischer Wege am Gemeindehaus und am Plessower See vorgestellt. Etwa 30 Kemnitzer nahmen an der von der Landtagsabgeordneten Saskia Ludwig (CDU) initiierten Veranstaltung im Gemeindehaus teil.

Hinter den Plänen steht die im Ort aktive Familie Fox. Christian Fox betreibt im Dorfkern das bekannte Restaurant „Zum Rittmeister“, an dem eine Pension mit 25 Zimmern angegliedert ist. Sein Vater Gerhard F. Fox ist Geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensgruppe Herbstreith & Fox, die mit ihren Standorten in Neuenbürg (Baden-Württemberg) und Kemnitz der führende deutsche Pektinhersteller ist. Vor sieben Jahren hat Gerhard F. Fox das Herrenhaus im Kemnitzer Rittergut gekauft.

„Wir sind daran interessiert, den Ortsteil Kemnitz aufzuwerten, aber nicht auf Biegen und Brechen“, sagte Christian Fox, der im Gemeindezentrum dabei war, gestern gegenüber den PNN. Er betonte, dass von den Plänen nicht nur der Rittmeister, sondern in erster Linie die Kemnitzer profitieren würden. Die beiden Tennisplätze sollen öffentlich gewidmet werden, wie Werders Bürgermeister Werner Große (CDU) als Gast am Mittwochabend versicherte. Zum Betreiber gebe es noch keine Entscheidung.

Was die Wege angeht, sollen sie vor allem das Joggen und Spazieren im Ort interessanter machen. Hinter dem Gemeindezentrum ist ein regelrechter Trimmpfad mit Stationen und Spielgeräten auch für Ältere angedacht. Auf der anderen Seite der Dorfstraße ist am Seeufer des Plessower Sees und im Wald ein zwei Meter breiter Rundweg geplant, voraussichtlich mit einer wassergebundenen Decke, wie Josch Bender erklärte. Der Rundweg soll bis zur Autobahn reichen. Große sprach von einem Zeitrahmen von etwa zwei Jahren bis zur Umsetzung.

Josch Bender schlug den Bogen weiter und schlug auch einen Radweg zwischen Kemnitz und Werder vor, an dessen Finanzierung sich Familie Fox aber nicht beteiligen würde. Bürgermeister Große sieht kaum Chancen für einen solchen Radweg. Fördermittel vom Land seien nicht zu erwarten. „Dafür ist zu wenig Geld im Straßenbauetat des Landes und dafür fahren auch zu wenige Autos auf der Kemnitzer Chaussee.“

Für Familie Fox ist es nicht das erste Mal, dass sie sich im Ort engagiert. So wird seit Jahren über eine Lärmschutzwand an der Eisenbahnstrecke am Ortsrand diskutiert, an der sich die Kaufmannsfamilie beteiligen würde. Dafür wurde bereits ein Bauantrag gestellt, die Pläne wurden vor drei Monaten ebenfalls bei einer Veranstaltung von Saskia Ludwig vorgestellt, bei der auch Entscheidungsträger aus Werders Rathaus zugegen waren.

Der Werderaner SPD-Ortschef Robert Dambon zeigte sich verwundert, dass die Rathausspitze bei den Kemnitzer Ortsbeiratssitzungen regelmäßig verhindert sei, dafür aber in kurzer Frist zu zwei prominenten CDU-Veranstaltungen mit wichtigen Ortsthemen erscheint. „Das ist nicht nachvollziehbar und sieht nach Hinterzimmerpolitik statt nach einem offenen Dialog mit den gewählten Vertretern aus“, sagte Dambon, der bei der Veranstaltung dabei war, den PNN. Saskia Ludwig erklärte den Veranstaltungsrahmen so: „Einige wenige denken, über das Wohl und Wehe des Ortes entscheiden zu können. Uns ist es darum gegangen, die Bürger einzubeziehen.“ Dass ein solcher Dialog mit der Familie Fox auch möglich ist, begrüßte sie ausdrücklich.

Am Mittwochabend im Gemeindezentrum wurden die Projekte von den Bürgern positiv aufgenommen. „Die Urlauber sollen sich wohlfühlen in Kemnitz, sie lassen ja auch Geld hier“, sagte ein Einwohner. Der Tennisplatz werde auch bei den Ortsansässigen Anklang finden, wenn er erst mal steht. Einem Wunsch der Einwohner, im Zuge der Planungen über einen Volleyballplatz und eine kleine Festwiese nachzudenken, soll gefolgt werden.

Für die Pläne gibt es möglicherweise noch ein Hindernis von anderer Seite: Während sich die neuen touristischen Wege auf öffentlichem Gelände befinden, sind die Tennisanlagen auf einem Areal geplant, dass der Kemnitzer Evangelischen Kirchengemeinde gehört. Als die Ideen unlängst im Gemeindekirchenrat vorgestellt wurden, sind sie auf wenig Gegenliebe gestoßen.

HINTERGRUND

Während Kemnitz touristisch aufgewertet werden soll, verfolgt Gerhard F. Fox schon seit Langem den Plan, das Pektinwerk seiner Firma Herbstreith & Fox bei Kemnitz zu erweitern. Bereits vor drei Jahren gab es einen Aufstellungsbeschluss für einen entsprechenden Bebauungsplan: eine neue Trestertrocknungsanlage, eine Obstverarbeitung und ein Geothermie-Kraftwerk sollten auf dem Werksgelände an der L 90 möglich werden. Doch aus der benachbarten Kolonie Zern gab es erhebliche Widerstände, zumal das Wohn- und Erholungsquartier unmittelbar zuvor zur Grünfläche herabgestuft worden war – offenbar um die Expansion zu erleichtern. Denn der Status bedeutet Wohnen auf Zeit: Es gilt nur noch ein Bestandsschutz, Um- und Ausbauten sind ausgeschlossen. Dann hatte auch noch das Landesumweltamt die Erweiterungspläne infrage gestellt. Die Interessen der Bewohner seien zu wenig berücksichtigt worden. In dem Streit wurde schließlich ein Mediationsverfahren zwischen Anwohnern und Firmenvertretern begonnen, als Mediator Brandenburgs Ex-Baustaatssekretär Horst Gräf gewonnen. Der konnte nach monatelangen Verhandlungen jetzt ein Ergebnis verkünden: Die Stadt Werder (Havel) soll demnach prüfen, ob die neuen, mit Lärm und Gerüchen verbundenen Werksanlagen an der von der Kolonie Zern abgewandten Seite des Werks, in einem Waldstück im Westen des Firmenareals, erfolgen könnten. Das hatte auch das Landesumweltamt empfohlen. Der baurechtliche Status der Kolonie Zern soll wieder verbessert werden. Für die meisten Wohn- und Wochenendhäuser soll es demnach einen erweiterten Bestandsschutz geben, der zumindest Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen an den Gebäuden möglich macht. Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein (SPD), die die Mediation angeschoben hatte, erklärte: „Ich gehe davon aus, dass sich alle Beteiligten hinter diesen Kompromiss stellen und ihn gemeinsam und vertrauensvoll umsetzen.“ (hkx)

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