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Potsdam-Mittelmark: Kasperle auf Reisen

Marionettentheater aus dem Elbe-Elster-Land waren einst berühmt. Eine Ausstellung erinnert daran

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Schöne Köpfe mussten her. Doch die Suche nach idealen Formen blieb lange Zeit erfolglos. Erst beim genauen Betrachten eines hölzernen Nussknackers und eines Weihnachtsengels aus dem Erzgebirge kam einem Puppenspieler vor mehr als 250 Jahren die zündende Idee. „Wer so gute Figuren zaubert, kann doch bestimmt auch tolle Köpfe für unsere Zwecke schaffen“, hieß es sinngemäß in einer gemütlichen Runde in einem Dorfgasthof in der Nähe der heutigen Kurstadt Bad Liebenwerda.

Also machte sich eine Abordnung in das rund 150 Kilometer südlich gelegene Erzgebirge auf den Weg, um dort bei den Schnitzern mehrere Köpfe für ihre Puppen in Auftrag zu geben. Die Mühe sollte sich wenig später auszahlen. Die Marionettenspieler aus der Region rund um Liebenwerda und Elsterwerda feierten in Sachsen, Thüringen, Schlesien, Böhmen und anderen Ländern große Erfolge. Sie füllten mit ihren Stücken für Kinder und Erwachsene die Gasthäuser, Dorffeste und Festspielhäuser. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts begann der Siegeszug der Wandermarionettentheater mit Kasperle & Co. aus dem jetzigen Elbe-Elster-Land auch dank der Köpfe aus dem Erzgebirge.

An diese Zeit erinnert jetzt in Bad Liebenwerda eine Sonderschau im Kreismuseum. Der Titel „1815, als wir Musspreußen wurden“ weist auf den Zusammenhang mit der Ersten Brandenburgischen Landesausstellung im Schloss Doberlug-Kirchhain hin. Denn auch viele sächsische Marionettentheater fanden sich nach den Beschlüssen des Wiener Kongresses plötzlich in Preußen wider. Für ihre gewohnten Auftrittsorte mussten sie nun Landesgrenzen überwinden und sich Versteckspiele mit der Polizei liefern.

Während die Ensembles von den Konkurrenten im verbliebenen Sachsen nun abfällig als „preußisches Bindfadentheater“ bezeichnet wurden, bewahrten die fahrenden „Musspreußen“ so gut wie möglich ihre Identität. So wird der von nicht wenigen Menschen in der Gegend gesprochene Dialekt als „Osterländisch“ bezeichnet. Diese Mundart ist ansonsten eher in und um Halle an der Grenze zwischen Sachsen und Sachsen-Anhalt zu hören.

Nicht nur im Museum gibt es Gelegenheit, sich anhand von Grafiken, Büchern, Landkarten, zeitgenössischen Berichten und natürlich vielen Puppen mit diesen besonderen fahrenden Leuten zu beschäftigen. Es finden regelmäßige Aufführungen statt. Doberlug-Kirchhain richtet am 12. September das 16. Internationale Puppentheaterfestivals im Refektorium aus. Motto: „Wo preußische Puppenspieler die sächsischen küssen“. Und am 20. September folgt hier ab 19.30 Uhr die Lange Nacht des Puppenspiels. Ste.

Spezialschau zum Marionettentheater, Kreismuseum, Burgplatz 2, geöffnet: Mi–Fr 14–17 Uhr, Sa/So 10–12 und 14–17.30 Uhr. Infos zum Festival: www.puppentheaterfestival-ee.de

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