
© Andreas Klaer
Von Henry Klix: Kaum ein Rempler
Werner Große und Peter Kames haben sich im Werderaner Bürgermeisterwahlkampf nicht wehgetan
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Werder (Havel) - Sie sind getänzelt, gegeneinander geboxt haben sie nicht. Am Sonntag ist Termin für die Bürgermeisterwahl in Werder, Amtsinhaber Werner Große (CDU) und Herausforderer Peter Kames (Freie Bürger) haben sich in diesem Wahlkampf nicht wehgetan. Und wer programmatische Unterschiede ausmachen wollte, der hatte es gar nicht leicht: Auch die Schüler nicht, die die beiden Kandidaten am Dienstagnachmittag im Ernst-Haeckel-Gymnasium befragten.
Große und Kames waren zu einer verlängerten Politikstunde der elften Klasse in den Ring getreten, auf dem Lehrplan steht gerade Kommunalpolitik. Die Stunde wurde auch für andere Klassen geöffnet, und so sahen sich die Bürgermeisterkandidaten rund 60 munteren Gymnasiasten gegenüber – die größte Runde, die es in diesem Wahlkampf gab: Der unparteiische Glindower Peter Kames, geboren 1954, der mehr Bürgernähe zum wichtigsten Punkt seines Wahlprogramms gemacht hat, die positive Entwicklung im Baugeschehen und der Infrastruktur fortsetzen will, wie eine Schülerin zur Einführung erläuterte. Und Werner Große, geboren 1949, der Arbeitsplätze sichern, Freizeitangebote ausbauen und weiter solide haushalten will.
Peter Kames hatte sich schon am Tag seiner Vorstellung gegen eine Schlammschlacht ausgesprochen, tatsächlich gab es in den vergangenen Wochen kaum einen Rempler. Auch in dieser Runde setzte der Herausforderer auf seine rheinische Gelassenheit, selbst wenn Große ihm leutselig die Faust unter die Nase hielt. Wie genau soll das aussehen mit der versprochenen Bürgernähe?, fragte eine Schülerin den Herausforderer. Entscheidungen auf breitere Füße stellen, die Einwohner bei wichtigen Fragen einbeziehen, vielleicht mit einem Bürgerhaushalt, antwortete Kames. Auch die Gymnasiasten rief er auf, mitzumischen und das Stadtparlament zu verjüngen. Kames versteht seine Kandidatur als Signal gegen die Politikverdrossenheit und ist dabei durch und durch glaubhaft.
Eine große Stadt habe zwar viel für sich. „Der Nachteil ist, dass die Bürgerbeteiligung nachlässt. Das möchte ich ändern, ich will die Leute zurück ins Boot holen, die Ortsbeiräte zu Entscheidungen befragen“, sagte Kames. Das ließ der Titelinhaber nicht unwidersprochen: „Die Ortsbeiräte werden beteiligt, bloß in Glindow wird immer was anderes gesagt.“ Große äußerte Zweifel, ob darüber hinaus mehr Bürgerbeteiligung gewünscht ist? In den Einwohnerfragestunden der Stadtverordnetenversammlung und ihrer Ausschüsse seien in den vergangenen zwei Jahren insgesamt 15 Fragen gestellt worden. „Und die haben sich meist auf Probleme vor der eigenen Haustür beschränkt.“
Für alle Einwohner würde die Kommunalverfassung reichlich Mitwirkungsmöglichkeiten bieten – und das gelte, außer bei Wahlen, schon ab dem 16. Lebensjahr. „Aber vielleicht sind die Werderaner auch einfach zufrieden, wie es läuft“, überlegte Große. Warum dann die Pferde wechseln? Manche der Schüler gaben ihm recht: Große sei nichts vorzuwerfen, die gute Entwicklung der vergangenen Jahre sei für alle sichtbar gewesen.
Kames und Große betonten unisono, dass dies auch ein Verdienst der Stadtverordneten und der Bürger sei. „Wenn die Bürger nicht mitmachen, kann man sich abstrampeln wie man will“, sagte Große. Auch in anderen Punkten stimmten sie überein: Ob beim Freizeitbad, dem Erhalt des Baumblütenfestes (Kames: „etwas nuancierter“), dem Werben für Zuzügler, der Kinder- und Jugendförderung oder der vorausschauenden Haushaltswirtschaft – für Werder hat das Kandidatenduo ganz ähnliche Ziele im Blick. Selbst die Gelbe Tonne will Kames wieder einführen, das Wahlprogramm sei aber schon gedruckt gewesen, als das Problem akut wurde. Dazu Große: „Wir sind eben schneller.“
Um harmlose Haken war auch Peter Kames nicht verlegen: „Der Vorteil der Freien Bürger ist, dass sie bundespolitisch nicht eingebunden sind.“ Ohne Wenn und Aber könne ein Bürgermeister dieser Wählergruppierung die städtischen Interessen vertreten. CDU-Mann Große müsse derweil stillhalten, wenn schwarz-gelb auf Bundesebene die Kommunen rupft. Dazu Große: „Wenn die was machen, was zu unseren Lasten geht, stehe ich auf der Matte. Das kann jeder nachlesen.“ Er zweifelte gar Kames’ Unabhängigkeit an, wo er doch von den Linken unterstützt werde.
Der Herausforderer wird auch von der SPD und den Grünen als Bürgermeister empfohlen, hörbar war das in den vergangenen Wochen kaum. Kames’ Entscheidung zur Kandidatur war gefallen, als im Januar zur Bürgermeisterwahl in Seddiner See nur ein Kandidat angetreten war. Für ihn stand fest: Das darf in Werder nicht passieren. Seinen Wahlkampf wollte er demokratisch führen, „ohne sich mit den Fäusten zu beharken“. Das wurde durchgehalten – am Sonntag wird sich zeigen, wem''s geholfen hat.
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