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Gähnende Leere. Fischer Manfred Mannheim fährt nur noch zweimal pro Woche auf den Seddiner See, um seine Reusen zu kontrollieren. Oft sind die Netze leer, am Donnerstag fing er nur einige Krebse.

© Julius Frick

Potsdam-Mittelmark: Kein Fang in den Reusen

Seddin feiert am Wochenende das Fischerfest. Doch die Netze im See sind oft leer und zerschnitten

Von Enrico Bellin

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Seddiner See - Für Manfred Mannheim ist es jedes Mal wieder eine eine Überraschung. Wenn er morgens auf den Seddiner See fährt, um seine Reusen zu kontrollieren, kann der Berufsfischer zwischen einem und zwanzig Kilogramm an Krebsen, Zander, Aal und anderen Fischen in seinen Kahn holen. Etwa zweimal pro Woche gelingt ihm das – oft hat Mannheim aber Pech: Dann sind seine Reusen zerschnitten und kein Fisch mehr drin.

„Ich vermute, dass nachts Räuber auf den See fahren, um den Fisch zu stehlen“, so Mannheim. Die machen sich nicht die Mühe, die schlauchförmigen Netze aufzubinden. Sie schneiden einfach Löcher hinein und nehmen den Fisch heraus. Mehr als 20 Reusen seien ihm so bereits zerschnitten worden. Zeit, sie zu reparieren, hat Manfred Mannheim derzeit nicht. Am morgigen Samstag beginnt auf seinem Hof das zweitägige Fischerfest, das er gemeinsam mit seinem Sohn Mirko, der Gemeinde und einigen anderen Helfern vorbereiten muss. Schließlich wollen die Besucher frischen Aal aus dem Räucherofen oder Fischbouletten vom Grill genießen. Die werden hauptsächlich aus Forellen gemacht.

Die Tiere dazu kommen aus Niemegk, einem Standort der GbR Binnenfischerei Potsdam, zu der auch Mannheims Fischerhof Seddin gehört. „Ohne unsere Fischverarbeitung könnten wir nicht mehr überleben.“ Neben den Bouletten bietet der Hofladen auch Krebse, Fischsuppe, verschiedene Rollmöpse, Kaviar von der Lachsforelle und natürlich frische oder geräucherte Fische an. Nur etwa ein Prozent der Tiere davon stammen aus dem Seddiner See. Obwohl der Berufsfischer jährlich mehrere tausend junge Aale, Hechte, Schleien, Zander und Karpfen in den See setzt, reicht der Fang bei weitem nicht zum überleben.

Neben den menschlichen Dieben machen den Mannheims dabei Welse zu schaffen, die schwer zu fangen sind und die anderen jungen Fische im See auffressen. Außerdem seien vor Jahren 150 Kormorane am See gewesen, die den Aalbestand extrem dezimiert hätten. Zwar habe der sich nun durch das Einsetzen der Jungfische etwas erholt. Ein Aal müsse aber mindestens zehn Jahre im See schwimmen, ehe er in der Küche landen kann. Deshalb kaufen die Seddiner Aale aus Holland dazu, die sie in kleinen Becken im See und in speziellen Wannen halten. Außerdem kaufen sie monatlich bis zu 600 Kilogramm Salzwasserfische von der Ostsee dazu, um ein breites Angebot im Hofladen zu haben.

Außer dem Fischmangel im See ist der Ankauf von Gewässern durch Privatleute ein Problem für die Berufsfischer. Konnte Mannheim mit seinem Sohn vor Jahren noch in vier Seen fischen, so kann er heute neben dem Seddiner nur noch im Caputher See seine Reusen aufstellen. Der Kähnsdorfer See wurde verkauft, der See in Rieben gehört zum Naturschutzgebiet Nuthe-Nieplitz. Manfred Mannheim: „Wir Fischer können es uns gar nicht mehr leisten, um die Seen überhaupt mitzubieten.“ Während am Seddiner Standort einst vier Berufsfischer und vier Lehrlinge Arbeit fanden, reiche es heute nur noch für ihn und seinen Sohn.

Doch für die Mannheims gibt es auch Hoffnung: Drohte der See, der keinen natürlichen Zufluss hat, noch vor Jahren auszutrocknen, so steigt jetzt der Wasserpegel wieder an. „In den vergangenen beiden Jahren hat es endlich mal wieder richtig geregnet, so muss es weitergehen“, sagt Manfred Mannheim. Zum Wasserstand, den der See noch zu DDR-Zeiten hatte, fehlen aber weiterhin 50 Zentimeter. Von der einstigen Ebbe im See zeugt noch eine Sitzecke am Strand, die heute 20 Zentimeter tief unter Wasser steht.

Am Ufer gibt es aber auch trockene Sitzgelegenheiten, die gern von Touristen genutzt werden. „Das ist hier so schöne Natur am See, außerdem kann man sich gleich noch ein schönes Zanderfilet oder eine Forelle holen“, sagt Margitta Püschel, die am Donnerstag mit ihrem Mann auf einer Radtour am Seddiner Fischerhof Rast machte. Das Fischerfest sei zwar auch lustig, aber sie genieße lieber vorher die Ruhe am Wasser. Enrico Bellin

Der Hofladen in der Fischergasse 1 in Seddin ist montags bis donnerstags von 12 bis 16 Uhr geöffnet, freitags von 9 bis 18 Uhr und samstags von 9 bis 12 Uhr

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