Potsdam-Mittelmark: „Kein Grund, zu Hause zu bleiben“
Wie sich Stahnsdorf auf Senioren einstellt
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Frau Kaersten, können Sie sich vorstellen, in Stahnsdorf alt zu werden?
Das ist eine gute Frage, die ich mir noch nicht gestellt habe. Ich weiß von vielen älteren Stahnsdorfern, dass sie nicht wegwollen. Sie haben hier ein Leben lang gewohnt, gearbeitet, ein Haus gebaut, Kinder groß gezogen, sich auf politischer oder künstlerischer Ebene engagiert, auch das ganz persönliche Miteinander ist für viele ein Wohlfühlfaktor. Das Problem ist aber, dass sie, wenn sie nicht mehr in den eigenen vier Wänden leben können, derzeit keine passende Wohnung finden.
Weil es das Angebot nicht gibt?
Es gibt viele Investoren, die bauen. Auch in Stahnsdorf, auch barrierefrei, aber die Kosten sind zu hoch. Auch im Speckgürtel gibt es Leute, die die hohen Mieten nicht bezahlen können. Selbst wenn sie ihre Häuser verkaufen, reicht das auf Dauer nicht. Die Leute werden heute immer älter.
Kann der Seniorenbeirat da helfen?
An der Waldschänke am Busbahnhof entsteht ein neues Wohngebiet, dort will ein Investor bauen. Wir sehen unsere Aufgabe darin, jetzt aufzupassen, dass es dort auch bezahlbaren Wohnraum gibt. Wir geben immer wieder entsprechende Hinweise, auch an die Gemeindevertreter. Es gibt ein großes Interesse für Wohnprojekte, die zwar abgeschlossene Wohnungen, aber auch Gemeinschaftsräume bieten. Ich finde, diese Wohnformen müssten noch stärker gefördert werden. Die Menschen wollen so lange wie möglich in ihrer vertrauten Umgebung bleiben und in Würde alt werden. Dafür muss man ihnen alles bieten, was dazugehört.
Was gehört zum würdevollen Altern?
Es braucht kulturelle und sportliche Angebote, auch mal eine Bank zum Ausruhen. Nachmittags mal ein Konzert oder Kabarett. Ich habe festgestellt, wenn Leute lange allein leben, verlernen sie das Lachen, weil sie zu einsam sind.
Oft scheitert der Ausflug an der Barrierefreiheit auf den Gehwegen oder der Busverbindung ...
Das darf kein Grund sein, zu Hause zu bleiben. Wir versuchen, die Probleme schrittweise zu lösen. Es gibt regelmäßige Angebote, das Busfahren mit dem Rollator zu üben. Das sollte man tun, solange man noch mobil ist. Ab dem kommenden Jahr ist die Barrierefreiheit vorgeschrieben.
Der Altersdurchschnitt wird steigen, braucht es einen Bewusstseinswandel?
Wir dürfen nicht zulassen, dass ältere Menschen resignieren. Sie wollen hierbleiben und sich wohlfühlen, dafür müssen wir sorgen. Wir müssen von unseren Vorfahren lernen, wo die Jüngeren im Kreis der Alten aufwachsen und ihnen Respekt erweisen. Wir müssen miteinander, nicht gegeneinander arbeiten.
Rosemarie Kaersten (74) gründete den Seniorenbeirat in Stahnsdorf. Die ehemalige Mathe-Lehrerin sitzt für die Linke in der Gemeindevertretung. Mit ihr sprach Solveig Schuster.
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