
© Andreas Klaer
Potsdam-Mittelmark: Kein Herz für Rentier Rudi
Teltows Rathausspitze bleibt hart: Auch illegale Pferdekoppeln auf den Hollandwiesen sollen weg
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Teltow - Teltows Rentier Rudi soll sich eine neuen Bleibe suchen. Wie berichtet müssen der Rentierbock, sein Weibchen Paula und ihr erst wenige Tage alter Nachwuchs ihr idyllisches Domizil an den Hollandwiesen wohl aufgeben. Am Montagabend setzte sich das Rathaus in der Sitzung des Bauausschusses mit ihrer Forderung an den Rentier-Besitzer Klaus Kretzschmar durch, den etwa 1,80 Meter hohen Bauzaun um seine Rentierkoppel in dem Landschaftsschutzgebiet abzubauen.
Die Mehrheit der anwesenden Stadtverordneten pflichtete dem bei – am 20. Juni werden sie im Hauptausschuss das endgültige Urteil fällen. Auch Pferdebesitzer könnten davon betroffen sein.
Große braune Kulleraugen, kleine spitze Öhrchen und flauschiges Fell – der junge Rentiernachwuchs konnte Teltows 1. Beigeordnete im Rathaus, Beate Rietz (SPD), nicht überzeugen. „Man muss auch mal die Böse sein“, sagte sie. Recht und Gesetz gingen vor. Demnach wurde der Bauzaun an den Hollandwiesen illegal errichtet, er beeinträchtige die „natürliche Eigenart“ der Landschaft und beschneide das Recht jeden Spaziergängers, das Landschaftsschutzgebiet zu betreten. „In diesem Fall ist das Schutzgut Mensch betroffen“, so Rietz. Für die Haltung der Rentiere liege keine Genehmigung vor. „Ob das Rentiere, Schweine oder Wölfe sind, ist mir in dem Fall egal.“ Rentiere seien natürlich niedlicher.
Demnach soll nicht nur Klaus Kretzschmar seine Einzäunung an den Hollandwiesen abbauen, sondern wohl auch viele Pferdebesitzer ihre Koppeln. Auch die seien meist illegal. „Es ist nicht im Sinne der Stadt, dort noch mehr Viehhaltung zu realisieren“, so Rietz. So gebe es zunehmend Ärger über zertrampelte Wanderwege. Das Rathaus habe die Untere Bauaufsicht im Kreis verständigt, alle Koppeln unter die Lupe zu nehmen.
Rentier-Besitzer Klaus Kretzschmar ist fassungslos: „Das ist doch an den Haaren herbeigezogen“, schimpft er. Seit Jahren würden Pächter auf den Hollandwiesen ihre Tiere halten. Pferde, Schafe oder eben Rentiere. Damit die nicht ausbüchsen, hatte Kretzschmar den hohen Bauzaun installiert. Seiner Erfahrung nach die einzige Möglichkeit, die Tiere im Zaum zu halten. „Dann werde ich den Zaun abbauen und übertrage der Stadt die Verantwortung über die umherlaufenden Rentiere“, schnauft Kretzschmar. Eine Genehmigung für die Rentierhaltung brauche er nicht, sie gelten als Haustiere, da habe er sich erkundigt. „Das ist wie bei Hunden oder Katzen.“
Ein Leben ohne Rudi, Paula und dem Nachwuchs kann sich der 71-Jährige nicht vorstellen. Noch ein, zwei Wochen und das Junge fresse ihm aus der Hand. Einen Namen hat er für das Kälbchen noch nicht – das Geschlecht war noch nicht zu erkennen. Muss der Zaun weg, droht der Rentierfamilie die Trennung von ihrem Herrchen, wenn nicht gar die Schlachtbank – dabei hatte Kretzschmar seinen Rudi vor dieser doch erst vor ein paar Jahren gerettet. Kretzschmar will nicht aufgeben und hofft, dass sich die Stadtpolitiker besinnen.
Die zeigten sich am Montag gespaltener Meinung. Grünen-Politiker Eberhard Adenstedt vermutete gar Tierquälerei: „Wie wohl fühlen sich denn Rentiere hier im Sommer? Ich kann mir vorstellen, dass die tot umfallen.“ Hans-Peter Goetz (FDP) kann sich das mit den Rentieren in Teltow durchaus vorstellen: „Warum denn nicht?“, fragte er und schlug vor, einen geschmackvollen Zaun zu bauen, dann könnten die Tiere bleiben.
Klaus Kretzschmar will den Stadtverordneten indes ein Angebot machen: Darf die Rentierfamilie bleiben, „dann können die Politiker über den Namen des Nachwuchses abstimmen“. Tobias Reichelt
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