Potsdam-Mittelmark: Kein Mann der vielen Worte
Künstler Hermann Lohrisch lässt lieber seine Arbeiten sprechen – gestern konnten sich die Besucher der Jubiläumsfeier bei Foto-Blumrich seine Werke im neuen Kleinmachnower Kunstraum „Art-Ort“ ansehen
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Kleinmachnow - Der 85-Jährige lächelt verlegen: „Mir fällt im Moment nichts ein“, sagt Hermann Lohrisch und deutet mit dem Arm auf die Wände ringsum im neuen „Art-Ort“, der gestern mit einer Ausstellung des Zeichners und Bildhauers in der Kunst- und Café-Zeile Am Fuchsbau 33 eröffnet wurde.
Dazu überreden konnte ihn Inhaber und Fotograf Bernd Blumrich, der mit Musik, Theater und der Lohrisch-Schau den 30. Geburtstag seiner Firma feierte. Dass Lohrisch keine großen Worte macht, ist typisch für den Künstler. Was sollte er auch viel erklären, wenn doch seine Arbeiten alles zu sagen scheinen. Sie fordern vom Betrachter geistige Arbeit ein und die Holzskulpturen mit ihren spröden Oberflächen laden ihn zum prüfenden Tasten geradezu ein.
Stattdessen sprach gestern Bürgermeister Wolfgang Blasig, der in seiner Laudatio seine erste Begegnung mit dem Künstler Ende der 70er Jahre schilderte. Der Maler Herbert Sander hatte Blasig ihm damals zugeraunt: „Der Herr dort drüben ist ein großer Künstler“. Als er kurze Zeit später in der Luckenwalder Johanniskirche Lohrischs Märtyrer-Epitaph aus Eiche sah, wurde ihm klar, dass der Maler nicht übertrieben hatte. Es fällt schwer, sich dem Blick dieses Christus zu entziehen, dessen Gestalt gleichzeitig das Kreuz symbolisiert und der seine segnenden Hände über eine Mutter mit ihrem Kinde ausbreitet, während die andere Hand Gefangene hinter einem Zaun tröstet.
Der Holzbildhauer, der 1958 nach Kleinmachnow zog und zehn Jahre lang vor allem für die Denkmalpflege arbeitete, beschränkte sich ab 1968 ausschließlich auf die Gestaltung biblischer Themen. Kirchenbaurat Wendland, ein Nachbar Lohrischs, verhalf ihm zu Aufträgen in der Region. Das bot dem Künstler die unumschränkte Möglichkeit den Menschen „nach seinem Bilde“ zu formen. Darin liegt jedoch auch der Grund, warum Lohrischs Arbeiten oftmals nur jene Menschen kennen, welche christlichen Glaubens sind.
Das menschliche Wesen in der Gestalt Jesus bildnerisch fassbar zu machen, ist aber nur eines seiner Anliegen, sein Hauptmotiv ist die Gefährdung des Menschen in unserer Zeit durch die Figur hindurch fühlbar werden zu lassen. Die Feuernacht in Dresden 1945 und später der „kalte Krieg“ sind die erlebten Ausgangspunkte des Künstlers. So spricht aus vielen seiner Figuren auch die Sehnsucht nach Geborgenheit wie sie besonders in der Plastik „Heimkehr“ zum Ausdruck kommt, die im Vorraum der Kleinmachnower Dorfkirche steht. Für die Auferstehungs-Kirche schuf er zwei Plastiken mit dem Titel „Kirchenväter“, die mit sich selbst im Zwiegespräch zu sein scheinen. Dass neben dem plastischen Werk auch das zeichnerische unaufhörlich gewachsen ist, verdeutlicht die Ausstellung ebenso. Einprägsam in ihrer Verknappung sind vor allem die schwarz-weiß-Tempera-Arbeiten. Fast beschwingt und luftig die Kielfederzeichnungen, die größtenteils in den 50er Jahren entstanden. Schade, dass die Ausstellung aus versicherungstechnischen Gründen nur für einen Tag hängen konnte.
Kirsten Graulich
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