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Potsdam-Mittelmark: Kein Stein wie der andere

Bei der Ziegelmanufaktur in Glindow sind die Auftragsbücher gut gefüllt – zur Freude des neuen Chefs

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Werder (Havel) - Bodo Klünder ist die Arbeitsweise in der Neuen Ziegelmanufaktur Glindow noch nicht gewöhnt. Erst vor drei Monaten wurde er Betriebsleiter des geschichtsträchtigen Unternehmens, zuvor hat er 16 Jahre lang bei Argelith-Bodenkeramik in Osnabrück Industriefliesen hergestellt. „Dort ist es ein Kündigungsgrund, wenn eine Fliese nicht aussieht wie die andere.“ In Glindow sei es andersrum, flachst er: Die Handstrichziegel sollen Fassaden ihre historische Lebendigkeit zurückgeben, indem sie in Form und Farbe etwas voneinander abweichen.

Der 58-Jährige ist froh, von einem Bedienpult wieder zu den Ursprüngen des Handwerks zurückgekehrt zu sein. Klünder hat die Leitung in einer günstigen Zeit übernommen: Die Auftragslage der Ziegelmanufaktur ist so gut, dass jeder kranke oder urlaubende der 25 Mitarbeiter doppelt wehtut. Im Hoffmannschen Ringofen werden jetzt auch an jedem zweiten Samstag Ziegel gebrannt, jede Woche gibt es zwei Dutzend Anfragen und neue Aufträge, freut sich Geschäftsführer Harald Dieckmann. Vor neun Jahren hatte der Potsdamer Unternehmer die schlingernde Manufaktur übernommen und im vergangenen Winter wurde erstmals wieder durchgearbeitet. „Wenn wir noch die letzten Schwachpunkte in den Produktionsabläufen verbessern, haben wir eine gute Basis“, sagt er. Vor allem gehe es darum, dass Kunden nicht acht bis zwölf Wochen auf ihre Aufträge warten müssen. Klünder soll dabei helfen.

Das Auftragsbuch ist gut gefüllt: Ein Volumen von 100 000 Euro nimmt allein die Stadtmauer von Neuruppin ein, die mit Glindower Hilfe aufgemöbelt wird. Auch an der Kyritzer Stadtmauer ist man beteiligt. Die Spendensteine, ob für die Garnisonkirche oder das Berliner Humboldtforum, seien ein Wirtschaftszweig geworden, so Dickmann. Die Zitadelle Spandau ist ein Dauerbrenner und zunehmend kommen Aufträge aus Dänemark: So werden für Schloss Frederiksborg in Hillerød Formsteine und Ziegel aus Glindow benötigt. Der Jahresumsatz betrage inzwischen gut eine Million Euro, sagt Dieckmann. Neubauten machen derzeit nur 15 Prozent des Volumens aus. Für die Großaufträge muss er kämpfen – und hofft gerade auf einen für das Schloss Babelsberg.

Zu den schönsten Aufträgen gehört gerade der Nachbau historischer Bodenkacheln für den Erbhof in Thedinghausen bei Bremen. Anhand weniger erhaltener Kacheln soll der komplette frühere Saalboden aus dem 16. Jahrhundert rekonstruiert werden. Die 6000 Kacheln waren geprägt und zweifarbig glasiert. „Und keine sah aus wie die andere“, weiß Bodo Klünder. Zum Glindower Kirsch- und Ziegelfest an diesem Wochenende kann die Ziegelei und das benachbarte Ziegeleimuseum besichtigt werden, Sonntag ist um 10.30 Uhr ein Freiluftgottesdienst und danach ein Frühschoppen. Henry Klix

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