Von Henry Klix: Kein Wahlkampftermin
Bürgermeister Große will es nochmal wissen / Dienstagabend spielte er in Phöben seine Stärke aus
Stand:
Werder (Havel) - Bis 1926 sei Werders Pferdebahn gefahren. „Schätzen Sie mal, was die für eine Dividende gemacht haben?“, fragt Werner Große ins Publikum: Sechs Prozent, antwortet er selbst. Es ist ein typischer Große, eine Reaktion auf die Frage, warum es mit dem Nahverkehr und dessen Finanzierung nicht mehr funktioniert. „Ich weiß es auch nicht“, sagt der Bürgermeister dann, „früher haben wir es allein gemacht, da ging’s problemlos.“
Seit 20 Jahren ist er Werders Bürgermeister, mit 60 Jahren so populär, dass er zum eigenen Denkmal zu werden droht: Bei der Bürgermeisterwahl vor acht Jahren errang er gegen zwei ernst zu nehmende Kandidatinnen fast 80 Prozent der Stimmen. „Werner der Große“, hieß es damals. Bei der Kommunalwahl 2008 zog er 6 734 Stimmen – ohne ihn hätte die CDU rechnerisch sieben statt dreizehn Sitzen im Parlament. Man kann nicht anders, als vor dem Gegenkandidaten Peter Kames den Hut zu ziehen. Kames hat das Zeug, doch hat er am 14. März auch Chancen?
Dienstagabend war Große Gast beim Phöbener Heimatverein. Kein Wahlkampftermin, wie er betont, dann wäre er als Kandidat gekommen. Tatsächlich lädt der Heimatverein den Bürgermeister jährlich zu den Orts-Projekten ein. Einer der Termine, die Große gern wahrnimmt.
Hellgrauer Zwirn, weißes Pinpoint, grüngestreifter Schlips – jeder andere in diesem Outfit hätte es schwer hier. Große steht schon vor Veranstaltungsbeginn mit Fischer Burkhard Freidank – wildes Haar, ausgeblichenes Basecap – rauchend vor der Tür, regt sich mit ihm über die ausbleibende Baugenehmigung aus Belzig für einen Fischimbiss an der Havel auf und überlegt, wie er ihm helfen kann. „Ick rufe morgen den Kreutner an und frag mal, was da los ist.“ Man kann sich bestens vorstellen, wie Große beim Chef der Kreis-Bauaufsicht für seine Leute interveniert.
Seine Beliebtheit, sein politisches Netzwerk helfen, wenn er anderen auf die Finger klopft. In Werder dreht sich wenig ohne den Bürgermeister. Und wer das Blütenfest, seinen Hang zu üppigen Großprojekten wie der Bismarckhöhe, seine Nähe zu Wirtschaftsgrößen wie Touristikunternehmer Axel Hilpert kritisiert, begibt sich auf dünnes Eis. Als jemand in Phöben den in Petzow geplanten Golfplatz hinterfragt, wird Große etwas kurzatmig. „Das ist doch Wüste, wenn da jemand einen Golfplatz baut, ist es nicht unser Geld.“ Dann fällt ihm zum Glück noch ein: „Wir verkaufen dort sogar noch unser Brauchwasser.“ Das zerstreut jeden Zweifel.
Großes Stärke ist das Türgespräch, in Phöben kann er sie ausspielen. Sein Mutterwitz ist legendär. Über die Badplanung verrät er keine Details, es drohten „20 Jahre Sibirien“, wenn er im laufenden Ausschreibungsverfahren plaudert. Über bürokratischen Irrsinn, schlechtes Benehmen, leere Versprechen kann er sich besser noch aufregen als die 20 Gäste in der Alten Schule. Er vermittelt, wie er für Werder dagegen ankämpft: Nach der Abschaffung der Gelben Tonnen blieben gelbe Säcke und Abfallreste am Straßenrand zurück, moniert eine Phöbenerin. Man habe der Entsorgungsfirma ein Ordnungsgeld angedroht, pariert der Bürgermeister. Verstoß gegen die Straßenreinigungssatzung, „mal sehen, was rauskommt.“
Dann der Lückenschluss für den Radweg Phöben-Werder, Verkehrsminister Dellman hatte ihn letzten Sommer bei einer Radtour für 2010 versprochen. Jetzt kam ein Schreiben aus Potsdam, dass es wegen einer zu überbauenden Abwasserdruckleitung später wird. „Ich bin Verbandsvorsteher des Abwasserzweckverbands, da gibt es kein Problem“, sagt Große. Er wird sich beschweren. Und im Sommer, verspricht er zum Stichwort Pferdebahn, will man es mit der Verlängerung des Citybusses bis Phöben nochmal versuchen – testweise. Große macht keinen Wahlkampf, er macht einfach weiter.
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