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Der Maler Olaf Thiede und die Verarbeitung des Lichts.

© Andreas Klaer

KulTOUR: „Kein Wettbewerb mit Monet!“

Die Malerei des Lichts – eine neue Ausstellung im Fercher Kossätenhaus

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Schwielowsee - Ist so ein Bildwerk erst einmal da und geschaffen, wird es rasch zur sprudelnden Quelle, zur Beute nie mehr enden wollender Untersuchung und Interpretation. Tatsächlich ist die „Havelländische Malerkolonie“ von Hagemeister & Co. noch lange nicht „ausgeschöpft“. Im Gegenteil, sieht man auf die emsige Arbeit des Fercher Kossätenhauses, ließe sich eher von einem hoffnungsvollen Beginnen reden. Am Samstag wurde dort der zweite Teil von „Im Rückblick. Vor hundert Jahren“ eröffnet, die Fortsetzung jener Ausstellung vom November, welche dem Besucher zuerst eine Übersicht über die Namen und Werke der Maler verschaffen wollte.

Jetzt geht es bei dieser Mischung neuer und „beständiger“ Bilder eher um eine „vergleichende Darstellung“: Die Kustorin Jelena Jamaikina scheute keine Mühe, auch Sammler um Hilfe zu bitten, damit frühe und spätere Werke eines Künstlers in ihrer „Entwicklung“ gezeigt, oder „alte Freunde“ wie Hans Licht, Gerhard Gisevius, Johannes Rudolphi und Theodor Schinkel unter Ferchs ältestem Ried-Dach „wiedervereint“ werden konnten. Ein weites Feld an sich, eine ziemlich spezielle Konzeption, wenn man der Potsdamer Wissenschaftlerin folgte.

Alle Thesen, die sie zur samstäglichen, wieder exzellent besuchten, Vernissage vorlegte, dienen der Fruchtbarmachung und Aufwertung dieser zugereisten „Havelländer“: So hält sie die hier gezeigten „deutschen Impressionisten“ nicht einfach für verspätete Nachfolger der berühmten Franzosen. Vielmehr seien sie vom Sujet bis zur „Verarbeitung“ des Lichts eigenständig gewesen, woran die Schwielowsee-Landschaft einen eigenen Anteil habe. Auch die Einflüsse der flämischen und holländischen Malerei seien bislang unterschätzt worden. Insgesamt, und das wäre wohl eine Sensation, glaubt sie, Artur Borghard, Carl Kayser-Eichberg, Theo von Brockhusen, Johannes Rudolphi und andere der in Ferch „beheimateten“ Künstler, seien den französischen Impressionisten sehr wohl ebenbürtig, wenn per Nebensatz auch sofort die Einschränkung kam: „Kein Wettbewerb mit Monet!“ Warum denn nicht, unter „Gleichwertigen“?

Besagte Ausstellung bekam ja nicht zufällig den Titel „Die Malerei des Lichts“. Formal ist sie dem vermeintlichen Generationswechsel der Malergruppe gewidmet, was sich, wenigstens bei Eugen Bracht, eher als Lehrer-Schüler-Gefolgschaft erweist. Hängung wie Textbeiträge regen dazu an, Werk um Werk, Mann gegen Mann, Motiv um Motiv „zu vergleichen“, etwa die absichtsvoll nebeneinander hängenden Schwielowseebilder von Karl Hagemeister, deren eines sich ganz aus einem Gelbton entfaltet. „Ich erkannte, dass nicht die Tonigkeit die Hauptsache für die Bilder sei, sondern das Licht, das ewig wechselt." Deshalb auch seine „Pastell-Phase“. Ähnliches gilt für Kayser-Eichbergs Kiefern-Darstellungen, für Rudolphis „Götzer Berge“ und „Frühling“, und so fort. Nicht jedem wird es gegeben sein, solche Feinheiten auch zu erkennen, brauchte man sonst Spezialisten, Wissenschaft überhaupt? Was sich jetzt in Ferch tut, ist ohnehin spannend genug: Auf der Suche nach einer längst verlorenen Beschaulichkeit besteht die Gefahr, den Impressionismus noch einmal zu erfinden, Gefahr auch, sich in mehr oder weniger ungewissen Wunschvorstellungen und Interpretationen zu verlieren. Den fugalen Museumsbesucher ficht das kaum an, die Internen allerdings schon.

Gerold Paul

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