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KulTOUR: Kein Wunderland am Ende der Welt
Die Caputher Kulturschaffende Krystina Kauffmann reiste mit dem Segelboot in die Antarktis
Stand:
Schwielowsee - Die Caputher Kultur-Aktivistin und glühende Marie-Goslich-Verehrerin Krystina Kauffmann hält es bekanntlich sehr mit dem Reisen. Kap-Hoorn-Umseglung 2008, Brasilien, der Flug mit dem Leichtmetall über die Hoch-Anden, und nun noch etwas weiter mit einem Segelschiff. Pinguine, sauberes Wasser, Gletscher! „Ich bin mit der Vorstellung in die Antarktis gefahren, dass die Erde am Ende der Welt noch heil wäre, wie im Fernsehen,“ sagt die jüngst Heimgekehrte. Antarktis also.
Diesmal nicht von Ushuaia, der südlichsten Stadt der Welt aus, welche derzeit von trendbewussten Touristen geradezu überflutet wird, sondern von Puerto Williams auf der chilenischen Seite. Zweitausend Einwohner, eine Militärbasis. „Die Chilenen beanspruchen ja wegen der vielen Bodenschätze einen erheblichen Anteil der Antarktis für sich. Sie kontrollierten die ganze Fahrt unsere Position. Aber wir haben alle Regeln eingehalten, Abstand zu den Tieren, Schuh-Desinfektion vom Schiff herunter, und umgekehrt“.
Die „Santa Maria Australis“, ein zwanzig Meter langer Stahlrumpf-Segler, kannte sie noch von ihrer Kap-Hoorn-Tour: In Polen gebaut, in Berlin zugelassen, weiß Gott warum. Dreimal in der Sommersaison kann das Boot in Richtung „Ende der Welt“ auslaufen. Wer mit will, muss auch mit Wache schieben und Eisschollen abwehren. „Mit einem Segler kommt man näher und schonender an Gletscher und Robben-Mütter heran, dichter, als ein Kreuzschiff es je dürfte“.
Krystina Kauffmann fand natürlich ihre Idylle, den jungfräulich weißen Schnee, jungfräuliche Gletscher, die lieben Pinguine. Ein aggressiver Seelöwe fand eher sie, er jagte die fast Achtzigjährige meterweit über den Strand. Aber sie erlebte auch das Gegenteil: Auf einer der Südlichen Shetland-Inseln besuchte Kauffmann eine verlassene Wal-Kocherei, in der bis zu sechs Tiere täglich verarbeitet wurden. „Die Bilder von Deception haben mich die ganze Fahrt über nicht mehr verlassen. In Büchern steht, die Bucht sei rot von Blut gewesen!“ Heute ist hier wirklich alles „am Ende“: die verrottete Fabrik, die gespenstischen Wal-Skelette ringsum an Land, ungezählte Wracks gestrandeter und verlassener Schiffe.
Wie anders wirkte da die restaurierte Funkstation aus den dreißiger Jahren auf Pt. Lock Roy auf die abenteuerlustige Pensionärin. Alles blitzblank, wie gerade erst verlassen. Dabei war, was die Briten dort trieben, so geheim, dass man bis heute noch völlig im Dunkeln tappt. „Ich bin also keinesfalls in ein Wunderland gefahren, wo alles schön und gut ist.“ Was sie am allermeisten beeindruckte, war die Unmittelbarkeit solch Erlebens, die im Innern erfühlte und gespürte Zerbrechlichkeit dieses Ökosystems. „Wie Eis. Eis ist ja auch so fragil.“
Touristisch möchte die agile Caputherin diesen Teil ihres Lebensabenteuers also nicht abgehakt wissen. Sie fuhr ja mit Gleichgesinnten und Freunden fast bis ans Ende der Welt. Jeder bereitet sein Erleben nun auf. Man trifft sich, tauscht sich aus. Ihr Amt, so Krystina Kauffmann, sei es, alle Erlebnisse weiterzuerzählen, schließlich ist solch eine Art des Reisens ja, neben seiner Heilkraft gegen Einsamkeit, auch eine Art von „KultTour“.
Demnächst will Krystina Kauffmann Caputher Schülern von ihrem Dreimonats-Trip berichten. Die wahre, wirkliche Reise fängt ja ohnehin erst an, wenn man wieder zu Hause ist.
Gerold Paul
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