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Potsdam-Mittelmark: Keine Reaktion auf einen Hilferuf
Der Landkreis Potsdam-Mittelmark muss in diesem Jahr noch 97 Flüchtlinge aufnehmen – in den Kommunen gibt es kaum Platz
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Potsdam–Mittelmark - Es wird eng: In diesem Jahr muss der Landkreis Potsdam-Mittelmark noch elf syrische Flüchtlinge unterbringen, im nächsten Jahr rechnet man mit 261 Asylsuchenden. Händeringend wird nach Unterkünften und Wohnungen gesucht. Im August verschickte der Landkreis an die Kommunen daher erneut einen Brief mit der Bitte, größere Gebäude, die sich zur Unterbringung von Asylbewerbern eignen, anzubieten. Doch mit Hilfe ist derzeit nicht zu rechnen – der Aufruf blieb bis heute unbeantwortet. „Wenn alle Stricke reißen, müssen wir Hotels anmieten“, sagte die Pressesprecherin des Landratsamtes Andrea Metzler den PNN.
Man wisse, dass der Wohnraum in den Kommunen knapp sei, so Metzler. Hinzu kommen auch noch Anforderungen an die Infrastruktur: „Die Häuser oder Wohnungen sollen in der Nähe von Kitas und Schulen sein“, sagte Metzler. Derzeit gebe es 32 Flüchtlingskinder im Kindergartenalter und 43 schulpflichtige Kinder. „In kleinen Orten wie Verlorenwasser haben wir zwar Platz, aber das bringt nichts.“ Als Standorte würden unter anderem Werder, Schwielowsee oder Michendorf infrage kommen. Doch aus Werder kam Anfang des Jahres eine Absage. Angesichts der angespannten Wohnraumsituation gebe es keine geeigneten kommunalen Objekte, hieß es aus der Stadtverwaltung. Alle Wohnungen seien vermietet, zudem gebe es Wartelisten. Nicht zuletzt habe der Landkreis auch eigene Immobilien in Werder.
Teltow, Beelitz und Bad Belzig, die bereits Wohnheime haben, wurden nicht erneut um Hilfe gebeten. Ein Großteil der bereits in diesem Jahr aufgenommenen 276 Flüchtlinge sind in den vier Übergangsheimen der drei Kommunen untergebracht. Bis Ende des Jahres werden sie voll belegt sein: Der Landkreis muss nämlich noch bis Ende des Jahres 73 Asylsuchende aufnehmen. Nach Angaben des Landratsamtes sollen sie in den bisherigen Heimen noch Platz finden.
Die größten Aufnahmekapazitäten wurden seit Anfang des Jahres in Teltow geschaffen: In den zwei Wohnblöcken an der Potsdamer Straße gibt es Platz für 232 Flüchtlinge. Im Übergangswohnheim in Bad Belzig haben 100 Personen Platz, in Beelitz-Heilstätten 36.
Dank der neu geschaffenen Plätze konnte der Kreis die vom Land zugewiesene Aufnahmequote erfüllen. Wie berichtet hat das Sozialministerium mittlerweile den Druck auf acht andere Landkreise und die Stadt Potsdam verschärft. Der Grund: Die Kommunen erfüllen ihre Verpflichtungen nicht. Ihnen wurden jetzt Fristen zur Aufnahme gesetzt.
Aber auch ohne Fristen muss der Landkreis nun schauen, wo er die Flüchtlinge unterbringen wird. Ende Oktober werden im Landkreis 24 der insgesamt 5000 syrischen Flüchtlinge, die Deutschland aufnimmt, erwartet. Der zuständige Kreisfachdienst sucht jetzt verstärkt auch nach Privatunterkünften. Es gab bereits Erfolge: Für zwei syrische Familien wurde eine Bleibe gefunden. „Wir wollen sie gleich in Wohnungen unterbringen, weil sie ein Recht darauf haben“, so Metzler. Als sogenannte Kontingentflüchtlinge sind sie krankenversichert, erhalten eine Arbeitserlaubnis und haben Anspruch auf Sozialleistungen. Die Kosten der Unterkunft tragen zu knapp einem Drittel der Bund und gut zwei Drittel die Kommunen.
Eigene Wohnungen bleiben dennoch die Ausnahme: Bisher leben nur 63 der insgesamt 419 Asylsuchenden, die in Potsdam-Mittelmark untergebracht sind, in Wohnungen außerhalb von Gemeinschaftsunterkünften. „Angesichts des Flüchtlingszustroms können wir unser Konzept, Asylsuchende in Wohnungen zu vermitteln, nur schwer weiterverfolgen“, so Metzler. Jetzt müsste auch einiges geklärt werden: „Es muss Regelungen geben, wie in Zukunft das Ganze zu organisieren ist“, so Metzler. Auf der nächsten Landrätekonferenz werde es dazu sicherlich Gesprächsbedarf geben, schätzte die Pressesprecherin. Die aktuelle Situation sei vergleichbar mit der Flüchtlingswelle, die es Anfang der 90er-Jahre gab. Damals habe es in Potsdam–Mittelmark eine Vielzahl an Objekten gegeben. Von der Ausstattung und Infrastruktur würden sie den heutigen Standards aber nicht mehr gerecht werden. „Zumal die meisten Objekte bereits Ende der 90er-Jahre, als nicht mehr so viele Flüchtlinge kamen, aufgegeben wurden“, erinnert sich Metzler. Die Wohnheime seien danach zum Teil verfallen oder abgerissen worden.
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