zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: Keine Sonderlösung

Vor-Ort-Termin mit Bürgern und Verwaltung zu Lindenfällungen in Werders Eisenbahnstraße

Stand:

Werder (Havel) - Vor-Ort-Termin in der herbstlich gefärbten Eisenbahnstraße: Vertreter des Landesbetriebs Straßenwesen Potsdam und der Stadtverwaltung Werder haben sich gestern einer Anwohnerinitiative gestellt. Sie kämpft seit Wochen gegen die bevorstehende Fällung von 70 Bäumen entlang der Landestraße 90. Viele davon sind alte Linden, die Anwohner fürchten um das grüne Eingangstor der Stadt. Die Architektin Cornelia Thömmes hatte mit ihrem Einsatz für die Bäume einen Proteststurm ausgelöst. Fast 30 Anwohner standen gestern den Verwaltungsleuten gegenüber.

Zu der Runde hatte die bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete Cornelia Behm aus Kleinmachnow eingeladen. Sie ist zugleich Vorsitzende der bundesweit aktiven Alleenschutzgemeinschaft. „Anscheinend gibt es ein großes Informationsdefizit“, so Behm. „Gerade wenn sich die Politik Bürgerbeteiligung auf die Fahnen schreibt, sollte sich die Verwaltung bemühen, die Fragen der kritischen Bevölkerung transparent zu beantworten.“

Das zumindest ist gestern passiert. Frank Schmidt, Planungschef des Landesbetriebs, brachte gute Argumente mit. „Die Betonplatten haben sich gelöst, das führt bei Lkw-Überfahrten zu erheblichen Schwingungen.“ Zurecht würden sich Anlieger beschweren, dass ihre Schränke wackeln. Die Sanierung des zweiten Bauabschnitts sei aber mit erheblichen Eingriffen verbunden.

Das Erdreich müsse 1,50 Meter tief aufgenommen, Leitungen für Telekom, Niederspannung, Hochspannung, Abwasser, Regenentwässerung und Gas müssten bis zu 2,60 Meter tief verlegt werden, alte Leitungen solange in Funktion bleiben. „Für die Baugrube müssten wir sämtliche Wurzeln anschneiden“, so Schmidt. Im ersten Sanierungsabschnitt sei noch versucht worden, dabei ein paar alte Bäume zu erhalten. Doch während und nach den Bauarbeiten mussten 30 Prozent dieser Bäume dann doch weg, der Rest habe nur noch ein paar Jahre. „Den Fehler wollen wir nicht wiederholen.“

Der Umweltbeauftragte des Landesbetriebs, Wolfgang Heck, zitierte aus einem Baumschutzgutachten von 2006, in dem den alten Linden Reststandzeiten von höchstens 15 Jahren attestiert wurden – ohne Eingriff in den Straßenraum. Bei einem zweiten Gutachten von 2010 habe sich die Zeit verringert. Zum Baumerhalt müssten Wurzeln und Kronen gestutzt werden. Heck: „Das sind Eingangspforten für Krankheitserreger und Pilze.“ Der Ersatz sei der bessere Weg. Für die verlorenen 165 Bäume in beiden Bauabschnitten, darunter auch jüngere Ebereschen, werden 270 neue in Werder nachgepflanzt, in der Eisenbahnstraße selbst aber nur noch 81 Linden. Für mehr reiche aufgrund der neuen Parktaschen und Grundstückseinfahrten der Platz nicht aus.

Die Bürger blieben skeptisch, zumal die Information mit erheblicher Verspätung erfolge, wie einer sagte. Cornelia Thömmes forderte einmal mehr „individuelle Lösungen“ zum Erhalt vitaler Linden. Eine Bürgerin erinnerte an das grüne Leitbild der Stadt, laut dem Bäume mit einem Stammumfang von über 1,25 Metern besonders geschützt sind. „Davon gibt es hier über 30.“ Werders Erste Beigeordnete Manuela Saß antwortete, dass das Leitbild nicht mit jedem Projekt vereinbar sei. In diesem Fall teile man die Meinung des Landesbetriebs, dass die Bäume nach den Bauarbeiten keine Perspektive haben und eine Neuanlage der Allee der bessere Weg ist – auch für das Stadtbild.

Der abschließende Appell Cornelia Behms, einen kleinen Schritt auf die Bürger zuzugehen, verhallte dann auch. Er sei nicht bereit, noch einen Cent in die Planung zu stecken, bekräftigte Planungschef Schmidt.  „Wenn ich hier mit exklusiven Sonderlösungen komme, rückt mir der Landesrechnungshof auf die Pelle.“ Die Sanierung soll im Frühjahr beginnen, die Fällungen in den nächsten Wochen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })