Potsdam-Mittelmark: Keinen Verdacht geschöpft Kreis-Mitarbeiter als Zeugen beim Müllprozess
Potsdam-Mittelmark - 144 000 Tonnen Siedlungs- und Gewerbeabfälle soll der 56-jährige Ex-Polizist und Recyclingunternehmer Bernd R. zwischen 2005 und 2008 auf sechs mittelmärkischen Deponien sowie im Kiestagebau Schlunkendorf illegal vergraben haben – ein Geständnis hat er bereits abgelegt.
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Potsdam-Mittelmark - 144 000 Tonnen Siedlungs- und Gewerbeabfälle soll der 56-jährige Ex-Polizist und Recyclingunternehmer Bernd R. zwischen 2005 und 2008 auf sechs mittelmärkischen Deponien sowie im Kiestagebau Schlunkendorf illegal vergraben haben – ein Geständnis hat er bereits abgelegt. Eigentlich hatte er den Auftrag, die Dorfmüllkippen im Auftrag der Kommunen mit Bauschutt zu versiegeln und zu renaturieren. Die abfallrechtliche Anordnung dazu kam vom Landratsamt. Dem oblag auch die Kontrolle der Arbeiten. Er hätte jedoch nie einen ernsthaften Verdacht geschöpft, dass dort etwas nicht mit rechten Dingen zugehen könnte, erklärte der Mitarbeiter der Bodenschutzbehörde des Landkreises, Bernd R., gestern als Zeuge vor dem Landgericht Potsdam.
Zumindest ein Hinweis sei bei ihm eingegangen, räumte er ein. Ein Einwohner sei bei ihm im Amt erschienen und habe ihm einen Beutel mit Schutt und Müll auf den Schreibtisch gelegt – entnommen von einer Lkw-Ladung, die für die Deponie Zitz bestimmt war. Er habe sofort eine Baubesprechung gefordert – Unternehmer Bernd R. habe daraufhin schriftlich versichert, dass es sich um eine Probelieferung gehandelt hätte, die zurückgeschickt worden sei. Damit war der Fall erledigt. Bei seinen angemeldeten Kontrollen auf den Deponien Altbensdorf, Rogäsen, Zitz und Wollin konnte der Kontrolleur ohnehin schwerlich etwas finden. Während der vorangegangenen Prozesstage war bereits berichtet worden, dass die damals für die Rekultivierung zuständige Mitarbeiterin des Amtes Wusterwitz stets vorher Alarm schlug. Auf den Deponien wurden dann alle Spuren des illegalen Treibens verwischt. Gestern allerdings erklärte der Kontrolleur, dass ihm auch bei einigen unangemeldeten Besuchen nichts aufgefallen sei. Das allerdings müsse dann wohl Zufall gewesen sein, so der Kommentar von Richter Frank Tiemann.
Doch der Fehler scheint auch im System der Überwachung zu liegen. Beim gestrigen Gerichtstermin wurde deutlich, dass sich die Mitarbeiter des Landratsamtes bei ihren Kontrollen oft auf die Angaben der beteiligten Entsorgungsunternehmen und beauftragter Ingenieurbüros verließen. So soll laut Zeugenaussagen die Firma LBR aus Braunsbedra (Sachsen-Anhalt) die Hauptquelle der Abfälle für die Deponien gewesen sein. Proben für die vorgeschriebenen Materialanalysen, die dem Landratsamt vorgelegt wurden, seien indes von einem Mitarbeiter der Firma LBR selbst genommen worden, hieß es gestern.
Von einem anderen Fall berichtete Zeugin Margot P., die als Sachbearbeiterin im Landratsamt für die Kontrolle der Deponien Mörz und Schlamau zuständig war. In Schlamau bestand aufgrund einer vorliegenden Analyse der Verdacht, dass ungeeignetes Material in die Deponie eingebaut wurde. Daraufhin wurde eine Probeschürfung veranlasst – mit einem Bagger der Firma R. und an einer Stelle, die vom mitangeklagten Firmenmitarbeiter Frank N. selbst benannt wurde, so die Zeugin. Gefunden wurde nichts. Ebenso ergebnislos blieb eine andere Schürfung nach dem Hinweis eines ehrenamtlichen Bürgermeisters, der Unregelmäßigkeiten auf der Deponie vermutete.
Bereits Anfang Oktober hatte der mittelmärkische Landrat Wolfgang Blasig (SPD) das Vorgehen der Kontrolleure verteidigt. Die Mitarbeiter seien nicht in der Lage, überall selbst Löcher zu buddeln und nachzuschauen, sagte er gegenüber der Presse. Hagen Ludwig
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