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POTSDAM-MITTELMARK: Kirschernte ins Wasser gefallen
60 Prozent Ernte-Einbußen bei Werders Obstbauern - Krähen erledigen den Rest.
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Werder (Havel) - Der Dauerregen der vergangenen Wochen hat Werders Obstbauern zu schaffen gemacht. Der Geschäftsführer des Werderschen Obst- und Gartenbauvereins, Stefan Lindicke, spricht von Einbußen bei der Süßkirschenernte von 60 Prozent und mehr. „Seit Anfang Juni hatten wir unbeständiges, oft kühles Wetter mit viel Regen.“ Die damit verbundenen Probleme für die Früchte hätten sich mit der Zeit potenziert. Selbst noch ungereifte Kirschen platzten und verschimmelten an den Ästen.
In dieser Woche – der letzten Woche für Süßkirschen – hätten die meisten Werderaner Obstbauern die Ernte abgebrochen. Große feste Knuppern wie Regina und Cordia seien besondern platzanfällig. „Es waren kaum noch brauchbare Kirschen an den Bäumen“, so Lindicke. Sein eigener Obsthof habe nur noch für den Hofladen gepflückt. Die Witterung sei auch nicht gerade absatzfördernd gewesen. „Bei den Temperaturen sind die Leute nicht so sehr in Obstlaune.“
Die Kirschernte mache häufig deutlich über 30 Prozent des Jahresumsatzes der hiesigen Obstbauern aus. „Für viele wird es jetzt ein sehr schwieriges Jahr“, sagte Lindicke. Er hofft jetzt auf die nächsten Kulturen, bei Sauerkirschen seien Risse in der Frucht zum Glück nicht so dramatisch, weil sie häufig verarbeitet werden. Den Pflaumen habe der Regen bislang kaum geschadet, auch für die Apfelernte bestehen noch Hoffnungen.
Was die Süßkirschen angeht, würden sie von den Bauern in den nächsten Wochen von den Bäumen geholt. Wenn schimmlige Früchte trocknen, bliebe „Sporenpotenzial“ für die nächste Saison. „Das wollen wir nicht an den Bäumen haben.“ Obstbauer Frank Wache ist froh, dass Krähen und Stare einen Teil dieser Arbeit abnehmen. „Die machen das noch kostenlos“, meint er mit bitterem Humor. Er bestätigte die drastischen Ernteeinbußen. Die späten Süßkirschen seien auf seinen Plantagen „zu 100 Prozent“ geplatzt.
Das Problem sei nicht auf Werder beschränkt, heißt es aus dem Landesverband Gartenbau Berlin-Brandenburg. Meldungen von den Betrieben deuteten darauf hin, dass die Einbußen bei Süßkirschen im ganzen Land sehr hoch waren, so Verbandsgeschäftsführer Andreas Jende. „Der Regen sorgte für einen hohen Anteil an nicht vermarktungsfähiger Ware.“
Die womöglich mit dem Klimawandel verbundenen Wetterkapriolen machen dem Obstbau zunehmend zu schaffen, so Jende. „Wir haben das dritte Jahr sehr trockene Frühjahrmonate und heftige Regenzeiten im Sommer.“ Mit den klassischen Programmen sei der Branche kaum zu helfen. „Woran wir arbeiten müssen sind Systeme, um die Risiken zu minimieren.“ Hagelnetze, Frostschutzberegnung oder Foliendächer könnten helfen, die Erträge besonders auf den lukrativen Anlagen zu sichern. Der Investitionsbedarf dafür sei allerdings erheblich.
Stefan Lindicke verweist auf Beispiele aus Obstbauregionen in Hamburg oder Thüringen, wo solche Investitionsprogramme von den Ländern gefördert worden seien. Deren Kirschen seien jetzt beim Fruchtexpress in Groß Kreutz im Angebot. Die Preise beim Großhandel sind laut Lindicke in der letzten Woche von 2,70 auf 4 Euro das Kilo gestiegen – glücklich waren Obstbauern, die noch Kirschen hatten. Henry Klix
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