KulTOUR: Klangvolle Offerte an die Blütenstadt
Comédie Soleil startet Konzertreihe mit Berliner Ensemble „Concertino Vermillon“ und barocker Musik
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Werder (Havel) - Zum Klassischen Konzert Nummer Eins kamen jüngst immerhin schon zwei dutzend Musikfreunde in die Werdersche Comédie Soleil. Nach dieser „Barocken Eröffnung“ sollen peu a peu auch andere musikalische Offerten dem noch etwas spärlichen Musikleben der altehrwürdigen Blütenstadt auf die Beine helfen. Ja, Theaterleiter Michael Klemm schreckte zu diesem Behuf nicht einmal davor zurück, private Verbindungen spielen zu lassen. Dergestalt wurde das Berliner Ensemble „Concertino Vermillon“ zum Geburtshelfer einer neuen Konzertqualität vor Ort, neben Petzow und dem Lendelhaus, klar.
Diese richtig feierliche Introduktion war offenbar so aufregend, dass er glatt vergaß, die Blumensträuße für Gisela Richter (Violoncello), Susanne Catenhusen (Cembalo) und Frederique Brillouin (Flöte, Barock-Oboen) vom Laden nebenan abzuholen. Das Publikum dankte mit sehr viel Beifall – er ihnen mit Sekt. Man sieht sich ja bald wieder! „Vermillon“ bezeichnet im Französischen „die roteste Farbe der Maler“, die wärmste des ganzen Barock. Dieser warme, sinnliche Ton sollte ja programmatisch verstanden werden bei dieser „Deutsch-Französischen Barockmusik“, wenn auch nicht alle Kompositeure so deutlich zum Gallischen neigten. Entsprechend war die ausgewählte Literatur. Sie umfasste mit Joseph Bodin de Boismortier, Georg Philipp Telemann, Francois Couperin, Georg Friedrich Händel und Johann David Heinichen etwa eine Musiker-Generation.
Fraglich allerdings, ob jenes „Vermillon“ so unterschiedliche Charaktere zusammenführen kann. Dem war auch nicht immer so. Trotz allen Einsatzes hatte man gelegentlich das Gefühl, als sei der Respekt vor diesen Barock-Titanen größer als die Lust, mit ihnen anders als nur hehr zu verkehren, und wie so oft im hiesigen Konzertleben, war auch hier der zweite Teil belebter als der erste. Vielleicht nicht bei Boismortiers Triosonate a-Moll, wo sich die Oboe im Vivace noch etwas schwerfällig gab und sich die Tempi vom Largo so sonderlich nicht schieden. Freier ging man schon mit Telemanns Es-Dur Sonate für Oboen um, hier genehmigte man sich im Mesto schon mal flotte Läufe – und sah dabei gar Seltenes: Ein „lächelndes“ Cello beim Spiel, sehr sympathisch!
„Unüberwindbare Hindernisse“ als Cembalo-Solo, warum gerade dies von dem Alleskönner Couperin? „Les barricades des mysterieuses“ wirkte steril, rennt man da nicht mit allerlei Emotionen dagegen an? Ziemlich schwungvoll ging es dann mit Boismortiers Flöten-Sonate C-Dur aus Opus 27 in die Pause. Händels Cembalo-Suite in d-Moll, gab Susanne Catenhusen als Solistin viel Raum für eigene Intentionen, Musik ist ja immer Temperamentssache! Als Pendant dann seine viersätzige Sonate für Cello, ein barock umseeltes Meisterstück fast ohne Fehl!
Zum Abschluss dann Heinichens Sonate 13 für Oboe da Caccia, worin das Cembalo sehr trockene Staccato-Töne findet, die Oboe herb bläst und der dritte Satz „lamentabile et appagiato“ auch einlöst, was da zu beklagen ist. Hier entfaltet Frederique Brillouin ihre stärkste Wirkung, hier drängt auch das angekündigte „Vermillon“ tingierend ins Publikum ein. Man hätte sich beim Konzert etwas mehr von jenem Geist gewünscht, welcher die drei Damen nach dem Schlussbeifall umgab, einen der Freude und des Glücks, ja der Freiheit für sich... Letztlich zahlt es sich immer aus, wenn man zehn lange Jahre miteinander musiziert.
Am 28. Januar spielt das Rados-Ensemble um 19.30 Uhr in der Comédie Soleil.
Gerold Paul
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