Potsdam-Mittelmark: Klare Faktenlage
Nach 13 Jahren Rechtsstreit wird sich im Streit um Teltow-Seehof zunehmend geeinigt – auch gestern
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Nach 13 Jahren Rechtsstreit wird sich im Streit um Teltow-Seehof zunehmend geeinigt – auch gestern Potsdam/Teltow - Joachim Karo schluckt. „Das muss ich mit der Bank klären.“ Das Gespräch mit den Kreditberatern wird über die Zukunft der Karos entscheiden. Bei positivem Ausgang bekommen sie die Finanzierung, um von den Erben der jüdischen Sabersky-Familie den Anspruch auf das 725 Quadratmeter große Grundstück in Teltow-Seehof zu erwerben. Denn die Hoffnung auf einen Richterspruch, nach dem die Forderung der jüdischen Erben unberechtigt sind, das Grundstück rückzuübertragen, hat sich gestern zerschlagen. Die Rechtslage erwies sich als eindeutig. Die Saberskys verkauften das Grundstück, auf dem heute die Karos wohnen, nach dem 14. September 1935. Zu diesem Zeitpunkt, nach dem Erlass des Reichsrassegesetzes, verkaufte die jüdische Familie bereits unter dem Verfolgungsdruck der Nationalsozialisten. Auf diesen wesentlichen Aspekt im Rechtsstreit um Teltow-Seehof wies das Bundesverwaltungsgericht im Vorjahr ausdrücklich hin. Die Karos kamen in den 80er Jahren nach Teltow, wurden zunächst Mieter in der Sabersky-Allee. Später wollten sie das Haus kaufen, in dem aufgesetzten Kaufvertrag sind 80 000 DDR-Mark fixiert. Vollstreckt wurde der Kauf allerdings nie – die Wende machte dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung. Die klare – höchst richterlich gestützte – Faktenlage ließ die Verwaltungsrichter gestern zu keiner anderen Entscheidung kommen, als den Sabersky-Erben das Grundstück rückzuübertragen. Um den Karos „die Existenz nicht zu nehmen, die sie sich aufgebaut haben“, boten die Anwälte der Sabersky-Erben an, ihnen die Ansprüche auf das Grundstück für 100 000 Euro zu überlassen. Auch die Anwälte von Peter und Valerie Sonnenthal, die zu 50 Prozent das Sabersky“sche Erbe vertreten, stimmten dieser Einigung zu. Der gestrige Fall ist keineswegs exemplarisch für die noch anhängigen 661 Verfahren in einem der größten Vermögensrechtstreite in Ostdeutschland. Dass die Karos erst Mieter, dann verhinderte Käufer waren, bezeichnet Sabersky-Anwalt Thomas Pollack als „Sonderfall“. Der Versuch einer sozialverträglichen Einigung – auch wenn 100 000 Euro für die Karos viel Geld sind – ist indes kennzeichnend für die Wende, die der langwierige Seehof-Prozess in den vergangenen Tagen genommen hat. In 106 Fällen haben sich die Erben und das Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen auf eine Entschädigung statt auf eine Rückübertragung geinigt. Für weitere 100 Fälle bieten die Anwälte der Sabersky-Familie das gleiche Vorgehen an. Die Sonnenthal-Erben seien von diesem Vorstoß überrascht worden, so deren Anwälte, so dass sie den Vorschlag erst prüfen wollen. Der zuständige Richter Wilfried Hamm würdigte gestern die Bemühungen der Sabersky-Erben, nach 13-jährigem Rechtsstreit für „Befriedung“ in Seehof zu sorgen. Auch in zwei weiteren, gestern verhandelten Fällen haben die Erben anerkannt, dass die jeweiligen Grundstücke von ihren derzeitigen Nutzern redlich erworben wurden, daher ihre Forderung auf Rückgabe zurückgenommen und eine Entschädigung durch den Bund akzeptiert. Gerichtssprecher Jes Möller sieht etwa 140 Fälle ähnlich gelagert und rechnet damit, dass sie ähnlich reibungsfrei erledigt werden. Peter Könnicke
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