
© Björn Stelley
Kemnitz bei Werder: Klassenzimmer Golfplatz
Streuobstwiese und neuer Sportplatz sollen praxisnahen Unterricht bieten.
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Werder (Havel) - Der Märkische Golfclub in Kemnitz bei Werder (Havel) eröffnet am Samstag einen neuen Sportplatz. Der Platz ist Teil des Regionalkonzepts der Betreiber. „Wir haben 140 Hektar, wobei der größte Teil gar nicht für Golf genutzt wird“, sagt Golfplatzgeschäftsführer Martin Westphal. „Nur 40 Prozent werden aktiv für den Golfsport genutzt, der Rest ist Natur.“
In diese Natur fügt sich der Apfelbaum, den Schüler der Karl-Hagemeister-Grundschule aus Werder am Mittwoch gepflanzt und gewässert haben. Der Baum wird irgendwann die Frucht „Kaiser Wilhelm“ tragen. „Es ist eine robuste Apfelsorte, die zum Dezember reift und bis März geerntet werden kann“, sagt Hans-Jürgen Pluta von der Lenné-Akademie für Gartenbau und Gartenkultur, die den Baum gespendet hat. Das Gehölz wird nicht einfach nur die Zufahrt zum Golfplatz zieren, sondern einen ganz praktischen Nutzen erfüllen – als Teil eines grünen Klassenzimmers.
Golfplatzchef Martin Westphal schwebt ein ganzheitliches Konzept vor. „Mit dem Sportplatz und dem Baum auf der Streuobstwiese soll eine Begegnungsstätte entstehen“, so Westphal. Allein für die neue Sportstätte auf dem Golfplatz seien drei neue Arbeitsplätze geschaffen worden. „Die neuen Mitarbeiter beschäftigen sich ausschließlich mit den Jugendlichen und haben nichts mit dem Golfsport zu tun.“ Genutzt werden könne der Platz künftig von jedem Kind und Jugendlichen. Angeboten werden Fußball, Hockey, Volleyball, Badminton und weitere Sportarten. Eine Mitgliedschaft im Golfclub sei für die Nutzung des Sportplatzes nicht nötig.
In drei Jahren soll das Regionalkonzept umgesetzt sein, so Westphal. „Am Ende wollen wir auch Schwimmen anbieten und Reiten und eine BMX-Strecke wird es auch geben.“ Während der Reitsport mit dem benachbarten Reiterhof zusammen angeboten werden soll, werde das Schwimmen wohl erst möglich, wenn die Blütentherme fertig gestellt ist.
Die Natur auf und rund um den Golfplatz bietet den Schülern der Hagemeister-Schule ein grünes Klassenzimmer. Seit drei Jahren erleben sie in ihrer Umwelt-AG die Natur praxisnah. Die Baumpflanzung ist Teil eines Projekts, das gemeinsam mit der Jugendorganisation des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) und der Lenné-Akademie umgesetzt wird. „Für das Projekt ,Lebensraum Streuobstwiese’ sind die Kinder sechs Tage draußen und erleben ein Naturverständnis, wie man es im Klassenzimmer nicht vermitteln könnte“, sagt Mario Arndt von der Nabu-Jugendorganisation. „Es ist interessant, dass sogar die Kinder aus Werder, die ja schon sehr naturnah aufwachsen, bei dem Projekt eine große Begeisterung zeigen.“
Begeisterung für grüne Themen setzt sich, Pluta zufolge, mittlerweile auch in der Bildungspolitik durch. „Die grüne Bildung befindet sich in einem Aufwärtstrend“, sagt Pluta. „Wir erleben das vor allem in der Exekutive, auch wenn es von Bundesland zu Bundesland noch große Unterschiede gibt.“
Im ersten Augenblick eigne sich der Golfplatz des Märkischen Golfclubs nicht als Ort für ein grünes Klassenzimmer. Naturschützer kritisierten den enormen Flächenverbrauch von Golfplatzanlagen, so Pluta. Anders ist es offenbar in Kemnitz. „Beim Bau wurde bereits damals darauf geachtet, dass es Rückzugsgebiete für allerlei Tiere gibt“, sagt Pluta. „In diesem Fall wurde also ein vielfältiger Lebensraum geschaffen.“ Die Streuobstwiese sei ein Teil davon. Ebenso wie der Sportplatz soll sich das grüne Klassenzimmer in drei Jahren am Golfplatz etabliert haben. „Ich möchte, dass ein Teil der Dinge, die ich in meiner Jugend in der Natur erlebt habe, Kinder heute auch erleben können“, sagt Westphal.
Björn Stelley
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