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Der pensionierte Chemiker Bodo Bohn (l.) braut zusammen mit Henning Rohde (M.) und Pfarrer Jürgen Duschka (r.) das "Pfarr- und Tempelbräu-Bier" in seinem Garten im Föhrenwald.

© A. Klaer

Wie in Kleinmachnow Bier gebraut wird: Kleinmachnows Brautempel

Ein Pfarrer, ein Chemiker und ein Bauingenieur produzieren seit elf Jahren ihr eigenes Bier in Kleinmachnow. Ein Besuch in der Garten-Brauerei.

Von Eva Schmid

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Kleinmachnow - Mit einem kurzen, lauten „Plopp“ klappt die Bügelflasche auf, heraus strömt Schaum. Gluckernd ergießt sich das Bier mit satter hellbrauner Farbe ins Glas. Ein Raunen geht um den Tisch im Kleinmachnower Föhrenwald. Es ist die Kostprobe eines selbstgebrauten Bieres: Schon der Anblick erfüllt die drei Kleinmachnower am Tisch mit Stolz. Der Schaum, den habe man dieses Mal besonders gut hinbekommen – kompakt, nicht zu viel, nicht zu wenig, und er zerfällt nicht sofort. Pfarrer Jürgen Duschka, der Chemiker Bodo Bohn und der Bauingenieur Henning Rohde, die sich in der evangelischen Kirchengemeinde kennengelernt haben, probieren ihr Indian Pale Ale. Es schmeckt leicht bitter, im Abgang eine fruchtige Note. „Pfirsich und Grapefruit“, sagt Pfarrer Duschka.

Bierbraukunst aus Kleinmachnow: Seit elf Jahren stehen die drei Männer sommers wie winters im Garten von Bodo Bohn und schütten Malz, Hopfen und Hefe in ihr Gebräu. Ausgerüstet mit einem 80 Liter fassenden Edelstahltopf und einer Riesenschöpfkelle aus alten Bundeswehrbeständen stehen sie in einem halb offenen Gartenhäuschen. Ihrem Tempel, wie sie den Brauort nennen.

Mit Bierbrauseminar im Forsthaus Templin begann die Leidenschaft für selbstgemachtes Bier

Tatsächlich besteht die Laube im Garten von Bohn aus Säulen und Ornamenten, die einst ein Nachbar von Reisen aus Indonesien mitbrachte. Der Tempel sowie der geistliche Segen beim Brauen haben auch zum Namen ihres Bieres geführt: „Pfarr- und Tempelbräu“ steht auf den schlichten Etiketten der grünen Bügelflaschen. Im Gartentempel wird etwa dreimal im Jahr gebraut, wenn die Vorräte im Keller der drei Männer zur Neige gehen. Mit einem Bierbrauseminar im Forsthaus Templin begann die Leidenschaft für das selbstgemachte Bier. Der Forsthaus-Chef Jörg Kirchhoff, ein ehemaliger Kleinmachnower, hatte die drei Männer ein Wochenende lang in die Kunst des Brauens eingeführt. Ihr erstes eigenes unfiltriertes Bier hergestellt zu haben, faszinierte sie so sehr, dass sie das kurze Zeit später nochmal probieren wollten – dieses Mal ohne Hilfe vom Profi.

Wer zu Hause Bier brauen will, muss sich auf körperlich anstrengende Arbeit einstellen, sagt Henning Rohde. Ein Brautag ist lang: „Um 8 Uhr morgens geht es los, um 18 Uhr sind wir fertig.“ Der schwere Bottich muss aus dem Keller geholt, dann mit Wasser aufgefüllt werden. „Während das Wasser auf 50 Grad hochkocht, machen wir unser zweites Frühstück“, sagt der 72-jährige Bohn. Dann kommt das Malz ins Wasser, der Sud fängt an zu schäumen, die Brühe wird pampig. „Es ist wie ein dickflüssiges Müsli, das umgerührt werden muss, um nicht anzubrennen“, so Bodo Bohn. Löst sich die Stärke langsam in Zucker auf, wird das Rühren leichter.

Groß Lust am Ausprobieren

Die Malzsorten entscheiden, wie das Bier später einmal schmecken wird. In Brauprotokollen halten die Hobbybrauer die Zusammensetzungen fest. Auch wenn ihnen eines ihrer Biere besonders gut geschmeckt hat – ihre Rezepte haben sie bisher kein zweites Mal ausprobiert. „Wir haben große Lust am Ausprobieren“, so Pfarrer Duschka. Vor ihm liegt das Handbuch für Heimbrauer, die Bandbreite ihrer Arbeit zählt er in einem Atemzug auf: „Pilsener, Lager, Märzen, Guinness, Kilkenny, belgisches Ale, Indian Pale Ale.“ Nicht jedes hat den Geschmack der drei Brauer entzückt, „das letzte war wirklich zu herb“, sagt Bohn. Henning Rohde nickt, „zu viel Bitterhopfen, das war wie Eukalyptus-Hustensaft“.

Im Sommer brauen sie süffige, leichte Biere, im Winter dunkle und starke. Ihr Weihnachtsbier beinhaltete Ingwer und Zimt. „Leider waren wir etwas zaghaft mit den weihnachtlichen Noten“, so Duschka, so richtig herausgeschmeckt habe man sie nicht. Demnächst will der 49-jährige Duschka, der meist die Rezeptideen liefert, ein Craft-Beer – ein auf traditionelle Art und Weise hergestelltes Bier – mit Schokoladennote herstellen. Henning Rohde und Bodo Bohn schauen interessiert. Wieso nicht, heißt es von ihnen, ausprobieren könne man es ja mal.

Malzduft umhüllt Garten und Straße

Besonders wichtig beim Bierbrauen seien die Temperaturstufen. Sie entschieden über das Aroma. „Es ist ein Austarieren, wie viel Malzzucker man erzeugen will“, so Jürgen Duschka. Schauten die drei Hobbybrauer früher an ihrem Brautag immer regelmäßig auf die Uhr, um die Kochzeiten zu kontrollieren, laufe jetzt schon viel nach Gespür. Hat sich die Stärke in Zucker aufgelöst und nimmt der Sud nach dem Kochen die typische hellbraune Farbe an, dann wird er abgesiebt, die Maische von der Flüssigkeit getrennt.

Der Garten und auch die Straße sind dann von Malzduft eingehüllt, „spätestens dann schauen die Nachbarn vorbei“, sagt Bodo Bohn. Einer von ihnen nimmt den übrig gebliebenen Trester und backt damit frisches Brot. „Im Sommer grillen wir dann“, so der Pfarrer. Ab und an gibt es auch Musik dazu von einer befreundeten Jazz-Kapelle.

Stolz auf Selbstgemachtes

Bierbrauen als kleines Happening – doch zur Bratwurst auf dem Grill kann das frisch gebraute Bier noch nicht getrunken werden. „Wenn wir abgemaischt haben, kommt in die Flüssigkeit der Hopfen“, erklärt Henning Rohde. Er verfeinert das Bier. Die Würze wird nochmals aufgekocht, am Ende kommt der große Bottich zum Gären in den Keller. Jetzt müssen die Hobbybrauer nochmal etwa eine Woche warten, bis die zugefügte Hefe ihr Werk vollbringt. Dann trifft sich das Brauteam und füllt per Hand das Bier in Flaschen um, nach weiteren zwei bis drei Wochen Gärung in der Flasche gibt es dann endlich die erste Kostprobe.

Und das Bier schmeckt meist richtig gut. „Wir sind stolz, etwas Selbstgemachtes zu haben“, sagt der 52-jährige Rohde. Schon beim ersten Schluck merke man, „was man sonst im Supermarkt für eine Einheitssoße bekommt“. Da werde an allen Ecken und Enden gespart. Nur der Plopp, der sei sicherer bei Bieren aus den großen Brauereien. „Unser Bier würde ich nie schwungvoll auf dem Sofa aufmachen“, sagt der Bauingenieur. Die Gefahr, dass das Bier überschäume, sei zu groß. Das „Pfarr- und Tempelbräu“ gärt eben in jeder Flasche anders.

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