Potsdam-Mittelmark: Klimaschutz im internationalen Konvent
Teltow will seinen CO2-Austausch bis 2020 um 20 Prozent senken – ein Ziel, das die Stadt gemeinsam mit anderen europäischen Kommunen erreichen will. Bürgermeister Schmidt setzt auf Hybridfahrzeuge, alternative Energien und ein neues Buskonzept
Stand:
Herr Schmidt, seit Oktober 2009 gehört die Stadt Teltow einem Verbund europäischer Kommunen an. Ziel ist es, durch Zusammenarbeit und Erfahrungsaustausch den CO2-Ausstoß bis 2020 um 20 Prozent zu senken. Auch große Städte, wie Barcelona, Rom und Brüssel, gehören dazu. Welche Städte haben Sie bereits besuchen dürfen?
Zum Reisen fehlt leider meist das Geld, obwohl der direkte Austausch die kostengünstigste Investition ist. Der Konvent der Bürgermeister ist eine durchaus lohnenswerte Angelegenheit, weil es eine Initiative der Städte und Gemeinden ist. Aber das heißt auch, dass die Kommunen sich selbst engagieren müssen, um sich untereinander auszutauschen. Wie man sich vorstellen kann, ist man auch als Kommune, unabhängig von der Größenordnung, nicht in der Lage, diesen Austausch europaweit so zu definieren, dass man sich permanent besucht. Das heißt, der Austausch läuft insbesondere auf Einladung aus Brüssel beziehungsweise über Internetplattformen. Bilaterale Treffen finden nur statt, wenn es um ganz klar definierte Sachthemen geht.
Zumindest einmal im Jahr aber findet eine Konferenz der rund 2200 Mitglieder in Brüssel statt. An den Treffen nimmt Teltow aber teil.
Bislang haben wir erst eine Konferenz besucht. Und zwar die, auf der unsere Berufung unterzeichnet wurde. Dann gab es noch einmal ein Treffen in Portugal, allerdings in kleinerem Rahmen. In einer solchen Situation schaut man schon skeptisch in die Haushaltskasse. Allerdings bemühen wir uns zumindest einmal im Jahr, einen Besuch mit zu organisieren, wenn es finanziell zu leisten ist.
Die Kosten müssen also von den Kommunen getragen werden.
Ja, das ist ganz klar definiert. Sämtliche anfallende Kosten für zu erarbeitende Konzepte werden durch die Teilnehmer getragen. Gleiches gilt natürlich für eventuell anfallende Reisekosten.
Jedes Mitglied hat sich verpflichtet, einen Aktionsplan aufzustellen und umzusetzen. Wie weit ist die Stadt Teltow?
Wir haben bereits unser sogenanntes integriertes Klimaschutzkonzept erarbeitet. Auf diesem Konzept basierend, können sie einen Maßnahmenplan ableiten, der dann in einen Aktionsplan mündet. Dafür braucht man eben Fachleute, die entsprechend honoriert werden müssen.
Auf welcher Stufe stehen Sie derzeit?
Wir sind gerade dabei, unseren Aktionsplan, derzeit noch eine Rohfassung, fertigzustellen, um ihn dann auf die Internetplattform des Konvents hochzuladen. Das passiert in Zusammenarbeit mit einem Partnerbüro des Konvents, das glücklicherweise in Berlin sitzt.
Welche konkreten Maßnahmen sind geplant?
Es gibt durchaus bestimmte Dinge, die unter Umständen in der Durchsetzung nachher nicht nur schwierig, sondern auch unmöglich sind. Das will ich gar nicht in Abrede stellen. Aber etwa bei unserer kommunalen Wagenflotte können wir beginnen, die zwar relativ klein ist, künftig aber unter den Gesichtspunkt des Klimaschutzes gestellt werden sollte. Beim nächsten Austausch wird man zum Beispiel darauf achten, dass Hybridfahrzeuge zum Einsatz kommen. Zudem gibt es Pläne zur Ausgestaltung kommunaler Gebäude, etwa durch energetische Sanierung. Natürlich haben wir auch die Themen Solarenergie, Windkraft, Geothermie und Wasserkraft im Blick. Wir wollen schauen, wo und wie wir diese Möglichkeiten umsetzen können. Eine konkrete Maßnahme aus dem Konzept wollen wir bereits jetzt mit unserer Nachbarkommune umsetzen. Wir sind gerade dabei, die Stelle eines Klimaschutzbeauftragten auszuschreiben – befristet auf drei Jahre.
Wozu brauchen Sie da noch den Austausch mit anderen europäischen Kommunen?
Es ist insofern interessant, dass man sehr wohl merkt, dass das Thema Klimaschutz offensichtlich sehr unterschiedlich gelebt wird. Wir haben erst letzte Woche von unserem begleitenden Büro in Berlin erfahren, dass jetzt die Teilnehmerschaft im Konvent ausgedünnt wird. Das mag zwar nett sein, sich irgendwo im Flur das Beitrittspapier aufzuhängen. Aber nur mal hier rufen und nichts machen geht eben nicht. Ich halte es für ein wichtiges Moment, dass Brüssel die Umsetzung der Maßnahmen kontrolliert und, wenn jemand seine Hausaufgaben nicht macht, sich von demjenigen verabschiedet. Das Konvent lebt in hohem Maße von denen, die mitziehen.
Kann man sich auch etwas abgucken?
Also, so sehr unterschiedlich sind die Ansätze heutzutage ja nicht mehr. Jeder hat eigentlich die gleiche Basis. Die Frage ist eigentlich, wie engagiert gehe ich es an. Ich kann Klimaschutz auch zu einer beiläufigen Sache erklären und sagen, das Tagesgeschäft ist mir wichtiger. Dann werde ich nicht in diesen Konvent kommen und habe aber auch keine Vergleichsmöglichkeiten. Gerade den europäischen Gedanken finde ich aber besonders interessant. Denn da läuft meines Erachtens noch viel zu wenig.
Also geht es eigentlich nur darum, dass eine Kommune die andere mitzieht und motiviert?
Wir werden uns als eine Kommune mit fast 23 000 Einwohnern natürlich nicht mit London messen können. Der Austausch mit vergleichbaren Kommunen aber führt dann im Einzelfall sicherlich auch zu Anregungen. Man muss das Rad ja nicht zweimal erfinden. Bei der Berufungsveranstaltung trafen wir aber vor allem Vertreter aus den Großstädten. Aber es machen ja auch eine ganze Reihe kleinerer Kommunen mit.
Leider aber nicht aus den neuen Bundesländern. Insgesamt sind es nur vier. Im Land Brandenburg ist Teltow das einzige Mitglied. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Maßgeblich liegt das bestimmt daran, dass die Kommunen die Aufwendungen tragen müssen...
Das müssen Sie auch.
Allein das Konzept erstellen zu lassen, kostet einen guten fünfstelligen Betrag, aber keine 100 000 Euro. Um Energiebilanzen zu erarbeiten, müssen sie die kommunalen Unternehmen mit ins Boot nehmen, die einzelnen Gebäude betrachten, alles evaluieren. Das leisten Sie nicht alleine in einer Verwaltung.
Warum ist es dann offensichtlich der Stadt Teltow so wichtig, mitzumachen?
Ich gebe ganz ehrlich zu, auch weil wir zu einem frühen Zeitpunkt die Möglichkeit gesehen haben, dieses Thema über Fördermittel zu begleiten. Unser Klimaschutzkonzept wurde ebenfalls teilweise durch Fördermittel mitfinanziert. Das setzt natürlich voraus, dass sie in einer Kommune aufmerksam genug sind, um Drittmittel zu akquirieren.
Bei dem ganzen Prozess soll nach Vorgaben der EU-Kommission die Bevölkerung eng eingebunden werden. Wie machen Sie das und gibt es auch Kritik?
Die zweite Frage lässt sich klar mit nein beantworten. Zumindest wurde noch keine Kritik an mich herangetragen. Wir haben durchaus auch Maßnahmen, die auf die Einwohner abzielen oder sie direkt ansprechen. Zum Beispiel bieten wir im Rathaus in Kooperation mit der Verbraucherzentrale regelmäßige Sprechstunden zur Energieberatung an, die auch gut angenommen werden. Dort gibt es konkrete Ratschläge, etwa zu Einsparmöglichkeiten beim Energieverbrauch. Zum anderen sind wir dabei, in der Region Teltow, Kleinmachnow, Stahnsdorf den motorisierten Individualverkehr zu mindern, dafür den öffentlichen Personennahverkehr zu stärken. Wir haben für die Region Teltow, Kleinmachnow, Stahnsdorf und Potsdam in Verbindung mit Berlin ein völlig neues Bussystem entwickelt. Das aber ist für manche nicht ganz schmerzfrei, da treffen sie auch manchmal den Bürger auf dem falschen Bein.
Wie schlagkräftig ist das Argument Klimaschutz bei den Bürgern?
Klimaschutz ist noch nicht in aller Munde, oftmals ist das Problem vor der eigenen Haustür für die Bürger weitaus relevanter. Das ist nun mal so. Trotzdem gibt es natürlich einen Kreis von Interessierten. Aber man stößt eben nicht nur auf offene Ohren.
Sie haben sich in der Vergangenheit öfters skeptisch gegenüber dem Windpark-Plan der Berliner Stadtgüter GmbH bei Ruhlsdorf geäußert. Wie passt das zu Ihren Klimaschutzzielen?
Da sind wir wirklich in einem Spagat. Wir sagen ja zum Thema Windkraft, aber bitte dort, wo es passt. Wir haben einen Flächenbereich, wo wir ganz klar definieren, da können wir uns das vorstellen.
Wo?
Das ist auch in Ruhlsdorf. An der südlichen Gemarkungsgrenze. Es gibt unsererseits also bei Weitem keine Verweigerungshaltung. Man muss aber auch die Kommunen verstehen, dass es manchmal Interessenskonflikte gibt. Es sind einfach städtebauliche Gründe, die gegen das Vorhaben der Stadtgüter sprechen.
Neun Jahre hat Teltow noch Zeit, um seine Verpflichtung im Konvent zu erfüllen. Einige Mitglieder wurden bereits wieder aussortiert. Wie sicher sind Sie, dass nicht auch Teltow noch die rote Karte gezeigt bekommt?
Da wir nicht vorhaben, grobes Foul zu spielen, gehe ich davon aus, dass wir auch keine rote Karte bekommen werden.
Das Gespräch führte Matthias Matern
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